"Irre": Rosberg mischt Formel 1 im Billig-Auto auf

Nürburg - Im Billig-Auto auf Erfolgskurs: Nico Rosberg zeigt der Formel 1 die Zukunft. Mit wenig Geld und viel Talent mischen der Wiesbadener und sein Williams-Team in dieser Saison regelmäßig die Königsklasse auf.
"Das ist schon irre", urteilte Rosberg nach Platz vier bei seinem Heimrennen auf dem Nürburgring. Während die millionenschwere Konkurrenz seit Wochen um Ausgabenbeschränkungen für 2010 feilscht, hat der finanziell angeschlagene Traditionsrennstall Williams die Schrumpfkur notgedrungen längst eingeleitet - und kann trotzdem mithalten.
"In Bezug auf das Budget sind wir natürlich weit unter dem, was so manch anderes Team hat", betonte Rosberg. Sebastian Vettels Red-Bull-Team wird von Getränke-Milliardär Dietrich Mateschitz alimentiert, Brawn GP um WM -Spitzenreiter Jenson Button lebt noch von der 100-Millionen-Abfindung des ausgestiegenen Autogiganten Honda. Auch die Ressourcen der Werksteams Ferrari, McLaren-Mercedes, BMW-Sauber, Toyota und Renault sind für die britische Williams-Schmiede unerreichbar. Und dennoch kann Rosberg fast allen auf der Strecke Paroli bieten und liegt mit 20,5 Punkten auf WM -Rang sieben.
Dabei stand der Arbeitgeber des 24-Jährigen vor Saisonbeginn sogar vor dem Aus. In den vergangenen beiden Jahren soll Williams Verluste von rund 50 Millionen Euro angehäuft haben. Nur dank eines 15-Millionen-Vorschusses von Formel-1-Chef Bernie Ecclestone konnte das Privatteam weiter an den Start gehen. Der bevorstehende Ausstieg von Geldgeber Royal Bank of Scotland, der bislang 15 Prozent des Etats beisteuert, zwingt Williams zu weiteren Sparmaßnahmen. Auch deshalb brach das Team aus der Front der Rennställe aus und unterstützte das Bemühen von Weltverbandschef Max Mosley um eine Budgetgrenze.
Angesichts der knappen Williams-Kasse ist die Leistung des Teams in diesem Jahr umso bemerkenswerter. Schon seit Wochen überhäuft Rosberg seine Ingenieure mit Lob. "Sie arbeiten sehr effizient. Das freut mich, das ist schon sehr toll", sagte der Sohn von Ex-Weltmeister Keke Rosberg. "Wir entwickeln uns laufend weiter."
Mit seiner Aufholjagd in der Eifel betrieb der in Monaco aufgewachsende Rosberg erneut Werbung in eigener Sache. Von Startplatz 15 pflügte er durch das Feld und verpasste nur knapp einen Podiumsplatz - und das trotz eines unnötig schweren Autos, das wegen eines Problems mit dem Benzin-System zu voll betankt worden war. "Großartig", schwärmte Technikchef Sam Michael über Rosberg.
Der Williams-Chefpilot stellt auch in diesem Jahr seinen japanischen Teamgefährten Kazuki Nakajima klar in den Schatten, der noch keinen Punkt gesammelt hat. Längst hat die Rosberg-Show Begehrlichkeiten bei den Rivalen geweckt, McLaren-Mercedes gilt als ernsthaft interessiert, auch BMW-Sauber sei interessiert, heißt es. Am Saisonende läuft Rosbergs Vertrag aus. "Ich prüfe meine Optionen", antwortet er derzeit stets auf Fragen nach einem Wechsel. Sein Ziel: ein Siegerauto. Sein rasend schnelles Sparmobil jedoch könnte ihn sogar zu einem Verbleib bei Williams bewegen. Rosberg: "Ich bin sehr zufrieden mit meinem Team."
Von Christian Hollmann und Claas Hennig , dpa