Traunsteiner Rumpfteam erkämpft sich Punkt in München

München - Trotz zahlreicher schwerwiegender Ausfälle ist es dem SB Chiemgau Traunstein gelungen, beim SV Türkgücü-Ataspor einen Punkt mitzunehmen. Betrachtet man - ungeachtet der momentanen Tabellensituation - die Kader beider Mannschaften, fast schon ein Kunststück. Auf die Chiemgauer kommen harte Wochen zu, die wohl nur mit dem entsprechenden Teamgeist erfolgreich zu meistern sein werden.
aus München berichtet Christian Schulz
Die Traunsteiner waren mit dem wirklich allerletzten Aufgebot in die Landeshauptstadt gereist. Gleich sieben Stammspieler fehlten ihnen verletzungsbedingt oder waren anderweitig verhindert! Dass dies vom restlichen Kader kaum aufzufangen sein würde, war klar – und so spielte an diesem Tag nicht nur eine komplett neue Innenverteidigung, die so noch nie aufgelaufen war, sondern es wurde sogar ein Jochen Thudt reaktiviert, der seine Karriere eigentlich bereits beendet hatte. Auf der Bank saßen reihenweise Akteure aus der eigenen A-Jugend.
SB Chiemgau mit dem letzten Aufgebot - klare Rollenverteilung
Von Beginn an waren so die Rollen bei diesem Auswärtsauftritt des SB Chiemgau in München klar verteilt: Die Hausherren vom SV Türkgücü-Ataspor versuchten das Spiel zu machen um aus dem Tabellenkeller herauszukommen, der SBC kompakt in der Defensive zu stehen um einerseits mindestens einen Punkt sicher mitzunehmen und andererseits über Konter zu schauen, ob auch mehr möglich ist.
Service:
Beiden Teams gelang ihr Vorhaben in der ersten Hälfte nur leidlich: In den ersten zwanzig Minuten spielte Türkgücü zwar stark auf - es war zumindest nichts davon zu sehen, warum die Münchner Türken so weit hinten in der Tabelle stehen – nach und nach verloren sie allerdings ihren Drive und wurden von den Chiemgauern auch gut eingehegt. Die Suche nach der Lücke war ein Geduldsspiel für die Türken, bei dem allerdings recht viel mehr als eine Reihe von Halbchancen und Schussversuchen nicht heraussprang.
Türkgücü beginnt forsch - verliert aber den Schwung
Anfangs noch regelmäßig mittels schneller Kombinationen und Diagonalbälle vor allem über links und den pfeilschnellen Cengiz Ötkün gefährlich, erlahmte das Offensivspiel der Münchner mehr und mehr. Es sah dann zwar immer noch gefällig und technisch versiert aus, je mehr die Türken allerdings das nötige Tempo vermissen ließen, desto ineffizienter wurde es. Oftmals brotlose Kunst ohne den letzten Biss also bei Türkgücü – die es so den Traunsteiner leicht machten, dies zu verteidigen.
Das machten die Mannen von SBC-Coach Jochen Reil auch größtenteils konzentriert und umsichtig. Nach vorne ging allerdings bei den Traunsteinern so gut wie gar nichts. Ihre einzige Spitze Maximilian Probst hing meistens in der Luft, arbeitete gut mit, hatte aber, fast ausschließlich mit lang geschlagenen Bällen gefüttert, kaum Aussicht auf Erfolg.
Traunstein verteidigt konzentriert - Offensivspiel Fehlanzeige
Da auf Seiten der Traunsteiner auch kaum offensives Kombinationsspiel stattfand, hatten die Gäste auch keine wirklichen Torabschlüsse. Lediglich einige potentiell gefährliche Vorstöße, bei denen allerdings der letzte Pass oder das letzte Quentchen Konsequenz fehlten. Hier machte sich das Fehlen von Probsts ehemaligem kongenialen Sturmpartner Stefan Mauerkirchner nach dessen Wechsel zum Regionalligisten Buchbach doch deutlich bemerkbar.
Die einzige richtig gefährliche Torchance im ersten Durchgang hatten so die Gastgeber – und die hatte es in sich: Nach einem geschickten Steckpass durch Chiemgauer Abwehr bekam der überrumpelte SBC den Ball nicht geklärt, Türgücuüs Sturmtank Jerone Gonzalez Duran setzte sich energisch durch und kam am linken Fünfereck frei zum Abschluss – doch Traunsteins sicherer Rückhalt Issa Ndiaye rettete in höchster Not mit einem glänzenden Reflex per Fußabwehr (25.)! Wie gut für den SB Chiemgau, dass auf Ndiaye immer Verlass ist!
Ndiaye hält Traunsteins Kasten sauber - Nullnummer zur Halbzeit
Spätestens nach einer halben Stunde passierte dann vor den Toren rein gar nichts mehr. Die Traunsteiner beschränkten sich aufs Verteidigen – die Hausherren fanden kein Mittel und verloren wohl auch etwas Lust und Geduld. Das Geschehen verlagerte sich so auf den Bereich zwischen den Strafräumen und viele Ballverluste auf beiden Seiten trugen nun auch nicht gerade dazu bei, den Spielfluss zu steigern. Es war ein wenig unterhaltsames Spiel, welches die Zuschauer an der Heinrich-Wieland-Straße bei bestem Spätsommerwetter zu sehen bekamen.
Dies änderte sich auch in Halbzeit Zwei zunächst nicht. Türkgücü spielte weiter an, der SBC verteidigte gut sortiert. Die Gastgeber hatten die ein oder andere Halbchance, der Sportbund Chiemgau eine Kopfballmöglichkeit durch Probst, die allerdings weit über den Kasten ging.
Beide Teams zeigen keinen Leckerbissen
Das Niveau des Spiels verflachte immer mehr. Weitere zwanzig Minuten tat sich reichlich wenig. Die Türken waren meistens im Ballbesitz, aber nun endgültig viel zu behäbig, verloren sich in Ballgeschiebe. Bei den Traunsteinern ging einfach auch nicht mehr. Und schaut man auf ihre Personalsituation, dürfte dies auch niemanden verwundern. Für das, was sie an diesem Tag auf den Platz bringen konnten, machten sie ihre Sache zumindest defensiv wirklich ordentlich. Der ein oder andere Ball hätte nicht so leichtfertig vergeben werden müssen – aber dass sie hier auswärts kein Risiko gingen, war mehr als verständlich. Auch wenn es alles andere als schön anzusehen war.
Nach 68 gespielten Minuten dann, wie aus dem Nichts, doch einmal eine feine Kombination der Chiemgauer, bei der auch schnell und zielstrebig der Abschluss gesucht wurde: Per Doppelpass im Mittelfeld wurde Daniel Willberger frei gespielt. Der hatte Platz, nutzte diesen, ging noch einige Meter und zog dann aus gut zwanzig Metern zentraler Position mit der linken Klebe ab – sein Schuss ging knapp am rechten unteren Eck vorbei! Ein guter Versuch.
Schlussoffensive von Türkgücü
Als die Schlussviertelstunde angebrochen war, bemühte sich Türkgücü noch einmal um eine Schlussoffensive, auch wenn diese eher halbherzig ausfiel: In der 78. Minute machte sich das Dauerbespielen der Traunsteiner Defensive einmal bezahlt. Der SBC bekam im Strafraum den Ball nicht vernünftig geklärt, ein Abpraller landete bei Özgür Sütlü, der aus zwanzig Metern direkt abzog – doch das Leder klatschte an den Pfosten! Glück für den SB Chiemgau.
Kurz darauf noch eine gute Gelegenheit für die Hausherren: Wieder ging es über den Aktivposten Ötkün, diesmal über rechts außen. Der quirlige Außenbahnspieler bediente mustergültig Gonzalez Duran im Zentrum. Türkgücüs Goalgetter ließ einen strammen Schuss von der Strafraumgrenze los – aber sein Geschoss schrammte ganz knapp links unten am Tor vorbei (83.)! Auch hier wäre der starke Ndiaye im Kasten der Traunsteiner machtlos gewesen.
SB Chiemgau erkämpft sich das Unentschieden
Danach hatten die Münchner allerdings ihr Pulver verschossen. Es passierte nichts mehr – der SB Chiemgau konnte das Ding nachhause verteidigen. Ein Spiel, welches nur selten ordentliches Landesliganiveau erreichte und dass Türkgücü mit mehr Zug und Konsequenz hätte gewinnen können, endete so unter dem Strich mit einem nicht unverdienten Unentschieden. Den Traunsteinern war es recht – denn unter den momentanen Voraussetzungen in dieser Liga regelmäßig zu punkten, ist eine Leistung für sich. Es gibt zweifelsohne angenehmere Phasen in einer Saison, als die Wochen, welche für den SBC bis zum Winter noch anstehen.