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Meine Frau ist krank und unsere Beziehung ist am Ende: Kann ich sie verlassen?

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Von: Dorothea Perkusic

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Frage eines Mannes:

Meine Frau und ich sind seit acht Jahren verheiratet. Wir haben keine Kinder, was eine bewusste Entscheidung von uns beiden war. Unser Leben und unsere Beziehung war ein großes Abenteuer. Finanziell geht es uns sehr gut. Wir sind beruflich ortsunabhängig, was uns all die Jahre ermöglicht hat, unser Leben sehr frei und bunt zu gestalten. Wir sind ständig gereist, waren sehr spontan, die Chemie zwischen uns passte, die Anziehung auch. Vor etwa 18 Monaten hat meine Frau eine Diagnose erhalten und ist seitdem krank. Sie ist nicht mehr die Frau die ich mal geheiratet habe. Sie hat sich insgesamt stark verändert. Sie rennt von einem Scharlatan zum anderen, will plötzlich ein Kind und wegen dem Klimawandel nicht mehr fliegen. Ich schäme mich, aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation in Grund und Boden, so ehrlich sagen zu müssen, dass ich diese Beziehung nicht mehr weiterführen kann und will. Ich bin Mitte dreißig und mein Leben, das ich liebe ist zu Ende. Darf ich meine Frau verlassen oder wäre ich damit das größte Schwein? 

Antwort von Dorothea Perkusic:

Die Frage ist so schwer zu beantworten, denn bei dem Versprechen, das vermutlich auch Sie beide sich einst gegeben haben „in guten, wie in schlechten Zeiten, in Krankheit und Gesundheit“, brechen Sie nun ein und sehen sich nicht in der Lage, die durch Krankheit bedingten Veränderungen und Einschränkungen mit zu tragen, ohne sich selbst aufgeben zu müssen. Sie fühlen sich in dieser Situation gefangen und möchten aus dem Käfig ausbrechen. 

Es geht hier nicht nur um eine Entscheidung, sondern um moralische und gesellschaftliche Werte und Normen. Ihre Angst ist nicht nur, dass Sie selbst sich nicht mehr im Spiegel ansehen können, sondern Sie wissen, dass Sie auch mit den Fingern, die von außen auf Sie zeigen, umgehen müssen. Doch das bleibt Ihnen nie erspart, egal worum es geht. Dennoch hat es in ihrer Situation sicher noch einen fahleren Beigeschmack. 

Dorothea Perkusic auf Instagram 

Die schlechten Zeiten sind plötzlich da und Sie fühlen sich nicht mehr im Stande, diese mit Ihrer Frau gemeinsam durchzustehen. 

Ihre Frau hat nichts davon, wenn Sie aus Mitleid oder mangels Mut mit ihr zusammen bleiben. Dass Ihre Frau krank ist, ist ein Schicksalsschlag und schlimm genug. Das allein scheint jedoch nicht Ihr Problem zu sein. Für Sie geht es vielmehr darum, dass sich Ihre Frau dadurch persönlich stark verändert hat. Krankheit konfrontiert einen Menschen auch mit dem Tod, mit der eigenen Endlichkeit und stellt damit sicherlich das bisher gelebte Leben mit all den damaligen Prioritäten in  Frage. Es ist durchaus verständlich und sogar wichtig, dass Ihre Frau sich neu definiert und neue Wege einschlägt. Ich finde es bemerkenswert, dass Ihre Frau kraftvoll nach vorne blickt, sich neu ausrichtet und die veränderte Situation lebensbejahend annimmt. 

Die Folge für Ihre Partnerschaft ist jedoch, dass die Lebensvorstellungen von Ihnen beiden nicht mehr übereinstimmen. Das zu erkennen und die Konsequenzen daraus zu ziehen ist überaus schmerzhaft, aber auch ehrlich. Denn nicht nur Sie selbst müssen sich durch die erforderliche Überanpassung zu sehr einschränken, auch Ihre Frau bekommt so vielleicht nicht das, was sie wirklich glücklich macht. So groß der Wunsch Ihrer Frau auch sein mag, dass Sie trotz allem bei ihr bleiben, so sehr schmälert es vielleicht auch ihr eigenes Wachstum. Denn Liebe allein reicht manchmal nicht und auch kein Versprechen, welches man unter völlig anderen Bedingungen abgegeben hat. 

Sie müssen und dürfen Ihren Weg gehen. Es ist Ihr Leben. Bevor Sie übereilte Entscheidungen treffen, möchte ich Ihnen ans Herz legen, ganz offen mit Ihrer Frau zu sprechen. Ohne falsche Rücksichtnahme, einfach völlig ehrlich. Möglicherweise tut sich dadurch etwas, was Ihnen die Entscheidung erleichtert oder sogar eine neue Perspektive darstellt.

Müssen Sie wirklich so viel aufgeben, wie Sie derzeit erleben oder befürchten? Gäbe es eine Veränderung, die Ihnen ermöglichen würde, zu bleiben? Was sagt Ihr Herz? 

Wenn es Ihr Wunsch ist, dass Ihre Lebensumstände wieder genauso werden, wie sie mal waren, dann müssen Sie vermutlich gehen. Das ist unmöglich und von Ihrer Frau vielleicht auch gar nicht gewünscht. Klären Sie das zusammen und treffen Sie die für Sie beide bestmögliche Entscheidung. Damit müssen Sie Ihre Frau nicht hängen lassen. Es ist auch ein Zeichen von Stärke, den Mut aufzubringen zu sich selbst zu stehen. 

Ich wünsche Ihnen und Ihrer Frau alles Gute!

Dorothea Perkusic

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