1. mangfall24-de
  2. Service
  3. Liebesfragen

Wie können wir uns nach 32 Jahren Ehe sexuell neu entdecken?

Erstellt:

Von: Dorothea Perkusic

Kommentare

In unserer Service-Rubrik „Liebesfragen“ können unsere Leser Dorothea Perkusic unter dem Betreff „Liebesfragen“ Fragen rund um die Themen „Leben“ und „Liebe“ stellen. Jeder Ratsuchende bekommt von der Einzel- und Paartherapeutin eine persönliche Antwort. Ausgewählte Fragen werden immer montags hier anonymisiert veröffentlicht.

Frage einer Frau

Mein Mann und ich sind seit 32 Jahren verheiratet. Wir sind nicht mehr die Jüngsten und das merken wir auch beim Sex. Mein Mann hat manchmal Erektionsstörungen. Früher hat er sich  häufig beschwert, dass ich zu wenig Lust auf Sex hätte und ich habe mich unter Druck gesetzt gefühlt. Es ging ja auch oft einfach nicht, ich habe fünf Kinder großgezogen und er war ständig auf Geschäftsreisen. Heute ist es umgekehrt. Er fühlt sich unter Druck gesetzt, weil ich oft Lust auf Sex habe. Es frustriert mich, wenn er nicht kann. Vor allem aber frustriert mich, dass jetzt endlich  die Zeit wäre, wieder ein Paar zu sein, Sex zu entdecken und frei zu sein. Wir sind beide in Rente, unsere Kinder sind aus dem Haus, es geht uns gut. Ich würde die Zeit zu zweit jetzt so gerne auch sexuell genießen. Wie kann ich mit der Situation so umgehen, dass sich mein Mann nicht unter Druck gesetzt fühlt? Wir verstehen uns unheimlich gut aber wie können wir uns neu entdecken? 

Antwort von Dorothea Perkusic

Mut ist der Schlüssel. Während Sie in der jetzigen Lebenssituation Chancen sehen, endlich wieder Zweisamkeit auf allen Ebenen zu leben, fühlt sich Ihr Mann von Ihrer „neuen“ Initiative, Ihrem Verlangen und dem Bemerken seiner eigenen „Schwäche“ verunsichert. Auf Situationen die sich nicht sicher anfühlen, lassen wir uns alle eher weniger gerne und risikobereit ein. Wenn dies dann auch noch damit einhergeht, dass Ihr Mann Einschränkungen erlebt, was sein Funktionieren und „Können“ anbelangt, kratzt dies nicht nur an seiner Männlichkeit, sondern es verunsichert ihn eben, genau wie es auch Sie verunsichert oder frustriert. Denn an dieser Stelle geht es darum, Sexualität neu zu denken und neu zu erleben. Es braucht mehr Vertrauen, Intimität, echtes Miteinander und eine gewisse Leichtigkeit, sich miteinander so sicher, geborgen und freudig zu fühlen, dass Rückschläge weggesteckt werden können. Es gibt so viele Alternativen dazu, sexuelle  Zuwendungen zu stoppen, nur weil etwas nicht klappt.  

Dorothea Perkusic auf Instagram 

Sie sind miteinander älter geworden. Das bedeutet, Sie beide haben sich im Laufe vieler gemeinsamer Jahre weiterentwickelt und verändert. Jahre die ausgefüllt waren mit einem anspruchsvollen Familienleben mit fünf Kindern, beruflicher Karriere und allen Höhen und Tiefen, die eben zu einer Beziehung und zum Leben im Allgemeinen gehören. Nun ist plötzlich viel mehr Zeit da, Unabhängigkeit, finanzielle Sicherheit und vor allem: noch immer Sie beide! Das ist  wunderschön. 

Es mag Ihnen eine gewisse Genugtuung geben, nun nicht mehr diejenige zu sein, die weniger Verlangen nach Sex hat. Doch darum geht es nicht. 

Versuchen Sie beide ganz bewusst, das mit dem Funktionieren außen vor zu lassen. Fangen Sie an, sich wieder Zeit miteinander zu nehmen. Bleiben Sie den ganzen Vormittag im Bett. Berühren, Fühlen, tasten, riechen, schmecken, mit allen Sinnen wahrnehmen. Dabei dürfen Sie beide sein und fühlen, wie Sie es eben tun. Es ist eine andere, vielleicht gereifte Art der Unsicherheit, die Sie vermutlich schon kennen. Aus einer Zeit, wo Sie noch jung waren, sich sexuell und im Erleben und Umgang mit einer anderen Person noch nicht auskannten. Gehen Sie behutsam ran, jedoch auch spielerisch und neugierig, unsicher aber bestimmt und bewusst. Sprechen Sie miteinander darüber, wie es sich anfühlt miteinander intim zu sein, sich unsicher zu fühlen, Angst zu spüren und gleichzeitig zu genießen und wieder vom Kopf aus dem körperlichen Empfinden gerissen zu werden. Über offenes miteinander Sprechen, entsteht das nötige Vertrauen welches es braucht, um sich zeigen zu können, zulassen zu dürfen. Das ist Genuss und auch Liebe und Sie werden sehen, es wird „funktionieren“ - egal wie. 

Es geht also um eine gemeinsame Entscheidung - den Mut zu fassen, das was jetzt ist zu entwickeln, neu zu ordnen, zu genießen. Ich wünsche Ihnen die dafür nötige gemeinsame Entschlossenheit und ganz viel Freude!

Dorothea Perkusic

Sie haben eine Frage rund um die Themen Leben & Liebe?

Schreiben Sie an Einzel-, Paar- und Sexualtherapeutin Dorothea Perkusic. Alle Fragen werden beantwortet, ausgewählte anonymisiert veröffentlicht.

Auch interessant

Kommentare

Liebe Leserinnen und Leser,
wir bitten um Verständnis, dass es im Unterschied zu vielen anderen Artikeln auf unserem Portal unter diesem Artikel keine Kommentarfunktion gibt. Bei einzelnen Themen behält sich die Redaktion vor, die Kommentarmöglichkeiten einzuschränken.
Die Redaktion