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Diakonie Rosenheim zieht sich aus Pflege zurück: Jetzt nennt der Geschäftsführer die Gründe

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Von: Anna Heise

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Die Diakonie Rosenheim zieht sich aus der Pflege zurück. Jetzt erklärt Geschäftsführer Dr. Andreas Dexheimer die Hintergründe.
Die Diakonie Rosenheim zieht sich aus der Pflege zurück. Jetzt erklärt Geschäftsführer Dr. Andreas Dexheimer die Hintergründe. © Uwe Anspach/Diakonie Rosenheim/Collage: Anna Heise

Es war eine Nachricht, die für Entrüstung gesorgt hat: Ende 2022 gab die Diakonie Rosenheim bekannt, dass sie sich aus der Pflege zurückzieht. Jetzt erklärt Geschäftsführer Dr. Andreas Dexheimer, wie es zu der Entscheidung kam.

Rosenheim - Freie Plätze in den ambulanten Pflegediensten in der Region sind Mangelware. Dennoch mussten jetzt innerhalb kürzester Zeit 60 Patienten untergebracht werden. Denn Ende des vergangenen Jahres gab die Diakonie Rosenheim bekannt, dass sie sich aus der Pflege zurückzieht. Den 15 Mitarbeitern wurde zum 31. Januar 2023 gekündigt, den 60 Patienten nahegelegt, sich nach einem neuen Pflegeplatz umzuschauen. Über die Hintergründe spricht jetzt Dr. Andreas Dexheimer, der seit 2021 in der Geschäftsleitung sitzt.

Warum zieht sich die Diakonie aus der Pflege zurück?

Dr. Andreas Dexheimer: Es ist uns nicht mehr gelungen, alle Stellen zu besetzen. Wir waren einfach zu klein, um rechtzeitig geeignete und qualifizierte Mitarbeitende zu finden, wenn uns eine Kollegin oder ein Kollege verlassen hat. Das wiederum hat dazu geführt, dass die Mitarbeitenden, die wir hatten, an ihre Belastungsgrenzen gekommen sind. Wir konnten nicht mehr gewährleisten, dass wir die Menschen verlässlich in der erwarteten Qualität und zu den vereinbarten Zeiten pflegen können. Wir wollten auf keinen Fall riskieren, dass die zu pflegenden Personen nicht mehr adäquat versorgt werden können. Und diese Verlässlichkeit ist unser Anspruch, daher haben wir vor mehr als drei Monaten beschlossen, einen Schlussstrich zu ziehen.

Also ist der Pflegebereich der Diakonie dem Fachkräftemangel zum Opfer gefallen?

Dexheimer: Ja. Davon sind aber nicht nur wir betroffen. Auch den anderen Wohlfahrtsverbänden geht es da ähnlich. Und auch in Zukunft wird es nur mit größter Not gelingen, alle offenen Stellen in der Pflege nachzubesetzen. Wir sind nur ein kleiner Pflegedienst. Wenn von vier angestellten Pflegekräften eine Fachkraft ausfällt, ist das gerade noch zu kompensieren. Wenn zwei ausfallen, sind wir ganz schnell an der Belastungsgrenze.

Woran glauben Sie liegt das?

Dexheimer: Es gibt in meinen Augen eine zu hohe Diskrepanz zwischen dem, was von den Mitarbeitenden erwartet wird und dem, was bezahlt wird. Zudem ist die Pflege einfach auch nicht wirklich gut angesehen.

Die Diakonie hat sich um 60 Patienten gekümmert. Haben alle eine Alternative gefunden?

Dexheimer: Ja. Wir lassen niemanden im Regen stehen.

Was muss sich Ihrer Meinung nach verändern, um Entwicklungen wie diese in Zukunft zu verhindern?

Dexheimer: Es braucht die politische Bereitschaft, etwas zu ändern. Es steht außer Frage, dass wir weitergemacht hätten, wenn wir genug Fachkräfte gefunden hätten. Die Gesellschaft muss viel mehr in die Ausbildung investieren und in die Arbeitsbedingungen, und das heißt nicht nur, das Gehalt deutlich zu verbessern. Vor 30 Jahren war der ambulante Pflegedienst eine Einrichtung, die unterstützt hat. Mittlerweile pflegen wir und die anderen Träger viele Menschen zuhause, die damals mit Sicherheit in einem Heim versorgt worden wären. Die Anforderungen haben einfach sehr stark zugenommen.

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