Hoffen auf den Knast
Rosenheim - Er konnte nicht in die Schule gehen, er konnte nicht in die Förderschule gehen, er konnte nicht in die Berufsfindungsschule gehen und er konnte auch keine Lehre absolvieren, unter anderem, weil er morgens nicht aus dem Bett kam.
Bei jeder Anstellung, die er bislang fand, wurde der gebürtige Rosenheimer alsbald hinausgeworfen, weil er nur sehr unregelmäßig auftauchte. Aber dafür konnte der Heranwachsende stehlen, beleidigen, bedrohen, andere niederschlagen und hatte es mit unerlaubten Drogen. Jetzt stand der Heranwachsende wieder einmal wegen mehrfachem Drogenhandel und gefährlicher Körperverletzung vor Gericht. Der vorbestrafte Angeklagte kam bisher, weil er noch nicht 21 Jahre alt ist, immer mit erzieherischen Maßnahmen davon. Allerdings hatte im März 2008 der Richter genug davon. Er verurteilte ihn - es ging wieder einmal um Drogen - zu neun Monaten Jugendgefängnis. Gemäß dem Spruch «Die Hoffnung stirbt zuletzt» wurde die Strafe noch einmal zur Bewährung ausgesetzt. In dieser Zeit sollte der junge Mann beweisen, dass er seinem Leben eine andere Richtung geben wolle.
Doch er nutzte auch diese Chance nicht. Die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe äußerte sich vor dem Gericht resigniert: «Ihn interessieren keine wohlgemeinten Angebote. Hilfen bemerkt er nicht einmal. Er hat zwar nichts gelernt, will aber nur arbeiten, wenn er dafür sehr gut bezahlt wird.» Ihr Resümee: Der Angeklagte reagiere nur auf unmittelbaren Zwang.
Die Vorsitzende Richterin am Jugendschöffengericht, Bärbel Höflinger, fragte den Angeklagten, wie dieser denn so seinen Tag verbringe. Mehr als ein verlegenes Grinsen und hilfloses Achselzucken waren ihm aber nicht zu entlocken. «Haben Sie denn keinerlei sportliche Interessen, Sie haben doch viel Zeit dazu?» «Oh ja, Basketball!» «Und wie oft spielen Sie in der Woche»? «Ich will demnächst damit anfangen...»
Der Staatsanwalt erklärte in seinem Plädoyer, dass der Angeklagte bewiesen habe, dass er alleine sein Leben nicht in den Griff bekommen könne. Nur Zwang könne ihn dazu bringen, Regeln einzuhalten. Einzig ein Aufenthalt in einer Jugendstrafanstalt würde das leisten können, und im Sinne des Angeklagten sei zu hoffen, dass dieser daraus dann seine Lehren ziehen würde.
Folgerichtig plädierte er darauf, den jungen Mann - unter Einbeziehung der vorausgegangenen Verurteilung - zu 16 Monaten Jugendgefängnis zu verurteilen.
Dem Verteidiger, Rechtsanwalt Walter Holderle, blieb nichts weiter übrig, als den Ausführungen des Staatsanwaltes zuzustimmen. Allerdings erbat er sich vom Gericht die Maßgabe einer Drogen-Entziehungstherapie. Das Gericht entsprach in -seinem Urteil beiden Anträgen.
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