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Darf Familie im Gewerbegebiet wohnen bleiben? Kolbermoorer seit acht Monaten im Ungewissen

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Von: Kathrin Gerlach

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Die Umnutzung eines Ausstellungsraumes in eine Wohnung lehnte der Kolbermoorer Bauausschuss jetzt ein zweites Mal ab, obwohl das Landratsamt den Bauantrag als genehmigungsfähig eingeordnet hat.
Die Umnutzung eines Ausstellungsraumes in eine Wohnung in der Werkstraße lehnte der Kolbermoorer Bauausschuss jetzt ein zweites Mal ab, obwohl das Landratsamt den Bauantrag als genehmigungsfähig eingestuft hat. © Gerlach

Der Kampf um den Erhalt ihrer Wohnung ist für eine junge Kolbermoorer Familie nach acht Monaten noch immer nicht ausgestanden. Das Gute daran: Sie durften in ihrer Wohnung bleiben, da das Verfahren noch nicht abgeschlossen ist. Jetzt geht es in die zweite Runde.

Kolbermoor – Die Familie hatte den ehemaligen Ausstellungsraum ihres Unternehmens in der Werkstraße in eine Wohnung umgewandelt. Dafür hätte sie eigentlich eine Baugenehmigung gebraucht. Der Schwarzbau wurde bekannt, weil „der Nachbar der beste Baukontrolleur ist“, wie die Stadtverwaltung gegenüber den OVB-Heimatzeitungen sagte. Um die Genehmigungsfähigkeit nachträglich prüfen zu können, ordnete das Kreisbauamt die Vorlage eines Bauantrages an. Also reichte die Familie nachträglich einen Antrag auf Teilnutzungsänderung des einstigen Ausstellungsraumes in eine Betriebsleiterwohnung ein, um die Wohnung auf legale Füße zu stellen.

In Zukunft müssen Wohnen und Gewerbe enger zusammenrücken

Eigentlich entspricht die Umwandlung ungenutzter und leerstehender Bereiche eines Gebäudes in Wohnraum den Botschaften der „Leerstandskonferenz“. Die fand im September in Kolbermoor statt, widmete sich genau diesem Thema und prognostizierte für die Zukunft unter anderem auch ein engeres Zusammenrücken von Wohnen und Gewerbe. Trotzdem verweigert der Bauausschuss der Umnutzung in der Werkstraße wiederholt das gemeindliche Einvernehmen.

Der Grund für die erste Ablehnung im Juli 2022: Entscheidungen müssten auf Grundlage gesetzlicher Bestimmungen erfolgen. Die Erläuterung: Einen Bebauungsplan gebe es für das Gebiet nicht. Im Flächennutzungsplan sei der Bereich zwischen Flurstraße im Westen, Bahnlinie im Norden, Stadtgrenze im Osten und Rosenheimer Straße im Süden als Gewerbefläche definiert. Sieben Bestandswohngebäude mit 21 Mietern gebe es dort bereits. Die Bedenken: Mit weiterem Wohnraum könnte aus dem Gewerbegebiet ein Mischgebiet entstehen, das dann wiederum gewerbliche Tätigkeiten verhindere. 

Landratsamt plädiert für eine Genehmigung

Inzwischen prüfte das Landratsamt die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Bauantrages und die Rechtmäßigkeit des verweigerten gemeindlichen Einvernehmens. Mit dem Ergebnis, dass das Vorhaben als genehmigungsfähig eingestuft wurde. Zwar räumte die Behörde ein, dass es sich durchaus um eine „Gemengelage“ handle, weil es ein enges „Nebeneinander von Wohnbebauung und emmitierenden Anlagen wie Industrie, Gewerbe, Handwerk, Landwirtschaft und öffentlichen Einrichtungen“ gebe.

In unmittelbarer Nachbarschaft befinden sich unter anderem eine Bäckerei, ein Autohandel, ein Textil-Service und ein Kindergarten. Die dazugehörigen Emmissionen waren der Familie bekannt. Die Unterschriften aller Nachbarn zu ihrem Bauantrag liegen vor. Zudem sind auf dem Grundstück ausreichend Stellplätze vorhanden.

Entscheidung auf Grundlage geltender Gesetze

Der Kolbermoorer Bauausschuss wurde vom Landratsamt um erneute Beratung und Abstimmung gebeten. Daher stand der Antrag der Familie auf „Teilnutzungsänderung“ acht Monate später wieder auf der Tagesordnung. Die Verwaltung blieb bei ihrer Einschätzung: In diesem Bereich sollten keine weiteren Wohnnutzungen zugelassen werden, „um das Gewerbe zu schützen und den Gebietscharakter eines faktischen Gewerbegebietes zu erhalten“. Die Bauverwaltung stuft die geplante Wohnnutzung auf Grundlage der geltenden Gesetze weiterhin als „unzulässig“ ein. Der Bauausschuss folgte der Empfehlung und lehnte den Bauantrag erneut ab – mit 6:1-Stimmen.

Schon in der ersten Abstimmung im Juli vergangenen Jahres hatte Bürgermeister Peter Kloo betont: „Wir müssen uns an geltendes Recht halten, wenn wir nicht zu kompletter Willkür kommen wollen.“ Auch wenn er der Meinung sei, dass die strenge Trennung von Wohnen und Arbeiten nicht mehr zeitgemäß und eine Anpassung der Gesetze dringend erforderlich ist, müsse diese Diskussion auf anderer Ebene geführt werden, sei Aufgabe des Bundes- beziehungsweise des bayerischen Bauministeriums.

Entscheidung trifft das Landratsamt

„Ich vermute, dass das Landratsamt jetzt das gemeindliche Einvernehmen ersetzt“, beschreibt Daniel Gebert von der Kolbermoorer Bauverwaltung das weitere Prozedere. Die Kommune sei noch einmal angehört und um Stellungnahme gebeten worden. Mit dem neuerlichen Abstimmungsergebnis geht der Bauantrag nun ein zweites Mal zur Genehmigungsbehörde. „Sofern das Einvernehmen rechtswidrig verweigert wurde, ist das Einvernehmen zu ersetzen“, erklärte Michael Fischer, Pressesprecher des Landratsamtes, auf Anfrage der OVB-Heimatzeitungen.

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