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Angst vor dem Wasser: Anwohner fürchten in Kolbermoor um ihre Häuser - das sind die Hintergründe

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Von: Johannes Thomae

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Blick auf den Nordrand des geplanten Baugrundstückes. Bei Starkregen fließt der Niederschlag von den Feldern nördlich des Gangsteiges oberflächlich ab.
Blick auf den Nordrand des geplanten Baugrundstückes. Bei Starkregen fließt der Niederschlag von den Feldern nördlich des Gangsteiges oberflächlich ab. © Thomae

Sechs Doppelhaushälften sollen auf der Karolinenhöhe entstehen. Trotz eines Entwässerungskonzepts fürchten Anwohner, dass ihnen demnächst das Wasser buchstäblich im Keller stehen könnte. Reichen die Vorschriften aus angesichts des Klimawandels und damit einhergehender häufiger Starkregenereignisse?

Kolbermoor – Immer wieder bekommt der Bauausschuss Anträge auf den Tisch, bei denen die damit verbundenen Fragen weit das unmittelbare Bauprojekt hinausreichen. Dies galt in der jüngsten Sitzung auch für den Bauantrag, auf der Karolinenhöhe sechs Doppelhaushälften zu errichten. Dabei scheint das Bauvorhaben zunächst unspektakulär, wie auch Bürgermeister Peter Kloo in seiner Einführung sagte. Der geplante Neubau fügt sich nach „Art und Maß“ in die Umgebung ein, hat also weder hinsichtlich Größe oder Baustil irgendwelche störenden Eigenschaften und auch die vorgeschriebenen Stellplätze können nachgewiesen werden.

Planung entspricht geltenden Vorschriften

Kopfzerbrechen bereitet der Antrag aber wegen der Entwässerungssituation. Die Unterlieger des Hanggrundstücks befürchten, dass ihnen durch die zusätzliche Versiegelung im Zuge des geplanten Bauvorhabens in Zukunft mehr Wasser ins Haus stehen könnte – und das im buchstäblichen Wortsinn. Dabei haben die Planer des Bauvorhabens sich auch mit der Frage der Entwässerung sehr viel Mühe gemacht: Die entsprechende Planung sei in der Sorgfalt und in der Detailschärfe, in der sie ausgeführt wurde, geradezu beispielhaft, betonte Kloo. Das gelte nicht nur für die Planung, sondern auch für die beabsichtigten Maßnahmen: Sie beinhalten Rückhaltebecken auf dem Grundstück, die das Niederschlagswasser, das auf den Baukörper auftreffen wird, nicht frei abfließen lassen, sondern kontrolliert an das Kanalsystem abgeben. Alles in allem, so die Verwaltung, sei die Entwässerungssituation nach dem Bau gleichwertig mit dem Istzustand, wenn nicht sogar besser.

Der Knackpunkt aber dabei: Alle Berechnungen sind – den Vorschriften entsprechend – auf ein 30-jähriges sogenanntes Bemessungsereignis hin erfolgt. Die Unterlieger aber befürchten, dass solche Ausnahmeereignisse im Zuge des Klimawandels zum Alltag werden könnten, und die etwas selteneren Ereignisse dann noch viel größere Niederschlagsmengen mit sich bringen werden. Darauf ist aber das Entwässerungssystem nicht ausgelegt.

Reichen die Vorschriften aus?

Damit wird das Bauvorhaben auf der Karolinenhöhe zu einem ganz grundsätzlichen Problem. Die Planer, sagt Bürgermeister Kloo, könnten nicht anders, als sich an die gegebenen Vorschriften halten. Auch die Verwaltung müsse bei ihrer Beurteilung diese Vorschriften heranziehen. Dennoch sei die Befürchtung der Unterlieger nicht von der Hand zu weisen, ihr Zweifel, ob sich die Klimaentwicklung an die rechtliche Einstufung der Niederschlagsereignisse halten wird, nachvollziehbar. Von daher das Kopfzerbrechen der Verwaltung, das sich auch in der Diskussion des Bauausschusses widerspiegelte. Man schien dort hin- und hergerissen.

Bleibt die Frage, ob es da nicht das Einfachste wäre, die Eingruppierung der zukünftigen Starkregenereignisse an die vermutete Entwicklung anzupassen. Das, so die Antwort des Bürgermeisters, würde jedoch die Berechnungsgrundlagen für die kompletten Kanalnetze aller Kommunen und Städte über den Haufen werfen. Die Maßnahmen, die daraus folgen würden, sind, so der Bürgermeister, schlicht und einfach nicht finanzierbar. Was den Kommunen bleibt, ist an den Stellschrauben zu drehen, die man hat: Die bestehenden Kanalnetze samt deren Gullis zu sichern und ansonsten im Vorfeld von gefährdeten Arealen – wenn irgend möglich – Retentionsbecken zu schaffen. Beides hat die Stadt im Fall der Karolinenhöhe vor.

Entscheidung liegt nun beim Landratsamt

Was das konkrete Bauprojekt anbelangt, so betonte Peter Kloo, dass es die Aufgabe der Verwaltung sei, so nüchtern und objektiv wie möglich die sachlichen Umstände wie auch deren rechtliche Wertung vorzustellen. Befürchtungen wie die der Unterlieger seien zur Kenntnis zu nehmen, könnten in die rein baurechtliche Beurteilung der Verwaltung aber keinen Eingang finden. Der Bauausschuss jedoch als das Gremium, das die Bürger vertrete, könne aber sehr wohl das „unbehagliche Bauchgefühl“ der betroffenen Anlieger aufgreifen und in seine Entscheidung mit einfließen lassen. Der Bauausschuss verweigerte dann am Ende mit vier gegen drei Stimmen das gemeindliche Einvernehmen. Das Landratsamt, das die tatsächlich Baugenehmigungen erteilt oder verweigert, ist an diese Beurteilung nicht gebunden, sondern kann sie ersetzen.

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