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„Das ist mega frustrierend“: Siebenjähriger aus Großkaro darf nicht im Schulbus mitfahren

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Von: Paula L. Trautmann

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Wie gefährlich ist der Schulweg? Veronika Wimmer und Sohn Ludwig sowie die Tochter einer Freundin in der
 Kolbermoorerstraße in Großkarolinenfeld.
Ist der Schulweg zu gefährlich? Veronika Wimmer mit ihrem Sohn Ludwig und Tochter Antonia in der Kolbermoorer Straße in Großkarolinenfeld. © Hadersbeck

Der siebenjährige Ludwig Wimmer durfte mit dem Schulbus fahren. Dann hieß es plötzlich: Stopp. Die Mutter des Jungen ist frustriert und kritisiert die Kommunikation der Gemeinde Großkarolinenfeld. Doch die wehrt sich gegen die Vorwürfe.

Großkarolinenfeld - 200 Meter machen den Unterschied. Würde der siebenjährige Ludwig Wimmer diese Strecke weiter entfernt von der Max-Joseph-Schule wohnen, dürfte er mit dem Schulbus fahren. Das bestimmt die Schülerbeförderungsverordnung.

Nach dem Gesetz sind kreisfreie Gemeinden oder der Landkreis für die Beförderung von Schülern zuständig. Doch für Kinder von der 1. bis zur 4. Klasse muss dafür die Entfernung zur nächstgelegenen Schule größer als zwei Kilometer sein. Wer wie Ludwig Wimmer innerhalb des Zwei-Kilometer-Radius wohnt, hat keinen Anspruch auf eine Fahrt im Schulbus.

Keine E-Mail und kein Brief

Dennoch hat der Busfahrer Veronika Wimmers Sohn mitgenommen. Ebenso wie einige andere Kinder. Kurz vor den Faschingsferien hat der Fahrer diesen Schülern gesagt, dass sie am nächsten Tag nicht mehr in den Bus einsteigen dürfen. Keine E-Mail, kein Brief von der Schule oder der Gemeinde. „Das ist mega frustrierend, die Kommunikation ist mehr als schlecht“, sagt Wimmer.

Dem Großkarolinenfelder Bürgermeister Bernd Fessler zufolge haben Mitarbeiter der Schule eine Liste erstellt, welche Kinder zu welcher Zeit befördert werden. „Wir wissen ja gar nicht, wen der Busfahrer schwarz mitgenommen hat“, sagt Fessler. „Sollen wir einem Schwarzfahrer sagen, dass er nicht mehr mitfahren darf?“ Der Bürgermeister gibt jedoch zu, dass es besser gewesen wäre, einen Elternbrief zu organisieren.

Fessler kann verstehen, dass es für einige Schüler unerfreulich war, vom Busfahrer von dem Mitfahr-Verbot zu erfahren. Die Kinder müssten in Zukunft mit noch schwierigeren Entscheidungen leben. „Dass sie nicht mehr mit dem Bus fahren dürfen, ist eine von denen, die sie vielleicht nicht so trifft“, sagt der Bürgermeister.

Kein Versicherungsschutz für „Schwarzfahrer“

Die Änderung, nur noch Kinder mit einem Recht auf Beförderung mitzunehmen, hätten Gemeinde und Schule nach gewissen Forderungen beschlossen. Einige Eltern innerhalb des Zwei-Kilometer-Radius - ohne Anspruch - haben laut Fessler zusätzliche Fahrten und Stopps verlangt. „Wo fangst o und wo herst auf”, sagt der Bürgermeister dazu.

Dass die Schüler zuvor im Bus mitgefahren sind, sei ein Problem. Hätte sich ein Kind beim Ein- oder Aussteigen verletzt, hätte der Versicherungsschutz nicht gegriffen. „Samma froh, dass nix passiert is“, sagt Fessler.

Claudia Hollinger, Geschäftsführerin des gleichnamigen Busunternehmens, verweist ebenfalls auf diese Problematik: „Es ist ein versicherungstechnisches Thema, wenn wir Kinder mitbefördern, die wir gar nicht befördern dürfen. Die Verantwortung dürfen wir nicht tragen.“

Als Busunternehmerin sei sie oft die erste Ansprechpartner für die Eltern, verweise aber an die Gemeinde. Die sei der Auftraggeber, das Unternehmen habe keine Handlungsbefugnis. Deshalb ist es laut Hollinger auch nicht möglich, dass Eltern für ein Busticket zahlen. Das unterscheide den Schülerverkehr vom Linienverkehr.

Gesetzesänderung als Lösung?

„Uns sind die Hände gebunden. Wir sind mittendrin und haben eine unglückliche Rolle“, sagt Hollinger. Dennoch versteht sie Veronika Wimmer: „Es ist ein total ungutes Thema.“ Manche Kinder dürften im Bus mitfahren, manch andere, wenige Häuser weiter, nicht mehr. Das könnten viele Eltern nicht nachvollziehen.

Der Gemeinde den „schwarzen Peter“ zuzuschieben, findet Hollinger aber nicht richtig. Das Gesetz zu ändern, sei auch keine Lösung. Es gebe immer Kinder, die innerhalb und außerhalb der Grenze leben. Nach Angaben von Daniel Otto, Sprecher des Bayerischen Kultusministeriums, hat der Gesetzgeber die Mindestentfernung festgelegt, weil ein uneingeschränkter Beförderungsanspruch nicht finanzierbar ist. Der Schulweg mit dem Fahrrad oder zu Fuß werde bis zu dieser Länge als zumutbar erachtet. 

„Warum sollen der Bund oder Bayern das Gesetz ändern?“, fragt Bürgermeister Fessler. „Damit noch mehr Kinder mit dem Bus befördert werden?“ Er würde nach eigenen Angaben nichts an dem Gesetz ändern. Eine Strecke von weniger als zwei Kilometern zu Fuß zu gehen, sei den Kindern zuzumuten. 

Veronika Wimmer ist anderer Meinung. Entlang der Kolbermoorer Straße befinden sich aktuell zwei Baustellen. Der Gehsteig sei oft von großen Fahrzeugen zugeparkt. „Ich habe Angst, dass meinem Kind etwas passiert“, sagt die Mutter. Sie könne ihren Sohn nicht mit gutem Gewissen alleine diesen „gefährlichen“ Weg gehen lassen. Wimmer fährt ihr Kind deshalb mit dem Auto in die Schule. „Wenn ein fast leerer Bus fährt, das ist tatsächlich unverständlich und macht mich sehr wütend”, sagt sie - gerade in Zeiten des Klimawandels.

Tempobeschränkung nicht möglich

Die Kolbermoorer Straße ist laut Fessler nicht gefährlich. Es könne aber sein, dass Fahrzeuge von privaten Baustellen den Gehweg blockieren. „Das kann überall passieren”, sagt Fessler. Und ergänzt: „Wir schaffen den Eltern bestimmt nicht an, dass sie ihre Kinder mit dem Auto in die Schule fahren.“

Um die Kolbermoorer Straße sicherer zu machen, hat Veronika Wimmer auf ein Tempo-30-Limit gedrängt - ohne Erfolg. Dem Bürgermeister zufolge ist eine Tempobeschränkung auf dieser Straße rechtswidrig, weil sie eine Hauptachse des Verkehrs - also stark befahren - ist.

Ist ein Schulweg besonders gefährlich, kann die Gemeinde Ausnahmen festlegen, sagt Kultusministerium-Sprecher Daniel Otto. Kinder, die innerhalb des Zwei-Kilometer-Radius leben, könnten dann auch mit dem Bus fahren.

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