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Wunder aus der Werkstatt: Was einen Bad Aiblinger an Weihnachtskrippen so fasziniert

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Von: Mathias Weinzierl

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Eine kleine Weihnachtskrippe im alpenländischen Stil: Auch dieses Exemplar hat Jürgen Herold aus Bad Aibling selbst gebaut.
Eine kleine Weihnachtskrippe im alpenländischen Stil: Auch dieses Exemplar hat Jürgen Herold aus Bad Aibling selbst gebaut. © Mathias Weinzierl

Er bezeichnet es als Sucht. Eine Sucht, bei der aber niemand zu Schaden kommt. Seit 1969 baut Jürgen Herold (74) aus Bad Aibling Weihnachtskrippen. Was ihn an den Darstellungen von Christi Geburt so fasziniert – und was seine Frau zu seinem Hobby sagt.

Bad Aibling – Unzählige kleine Schubladen mit Schrauben und Nägeln, Kisten in jeglichen Größen voll Baumaterial wie Holz und Styrodur und jede Menge Werkzeug: Ein Besuch in den Kellerräumen des Bad Aiblingers Jürgen Herold (74) lässt die Herzen von Heim- und Handwerkern höherschlagen. Hier baut der 74-Jährige nicht nur Mobiliar, sondern auch Dächer, Wände und ganze Gebäudekomplexe – im Miniaturformat. Denn Herold fertigt seit mehr als 50 Jahren Weihnachtskrippen an und sagt: „Das ist wie eine Sucht.“

Mehrere Räume des Hauses für das Hobby reserviert

Alleine im Keller sind zwei eigene Räume nur für sein zeitintensives Hobby reserviert. Den einen Raum hat er als Werkstatt mit Werkbank und Materialien eingerichtet, im anderen Raum lagern fertige Krippen oder Modelle, an denen er gerade arbeitet. Um sich auch im zweiten Raum mit seiner Leidenschaft ausbreiten zu können, musste der ehemalige Angestellte der Romed-Klinik in Bad Aibling erst Platz schaffen. „Ich hatte eine riesige Eisenbahn, die hier viel Platz eingenommen hat“, sagt der Ruheständler. „Die habe ich jetzt meinem Enkel vermacht.“

Der Krippenverein Bad Aibling hofft auf Zuwachs

Im Jahr 1928 von Stefan Maier, Mesner der Kirche St. Sebastiani, gegründet, hat es sich der Krippenverein Bad Aibling zum Ziel gesetzt, die „Förderung und Weiterverbreitung der Krippen auf religiöser, künstlerischer und volkskundlicher Grundlage“ voranzutreiben. Zu den Aktivitäten gehören unter anderem der regelmäßige Erfahrungsaustausch unter den Mitgliedern das ganze Jahr hindurch sowie die Weitergabe des Wissens an die Jugend, um auch für die Zukunft den Fortbestand des Vereins zu sichern.

Doch hier hat der Verein die gleichen Probleme, mit denen viele Vereine zu kämpfen haben. Derzeit hat die Organisation 46 Mitglieder, der Altersdurchschnitt liegt laut Vorsitzendem Jürgen Herold bei über 75 Jahren. „Wir hoffen natürlich, dass wir auch jüngere Menschen vom Thema Krippen begeistern können“, wirbt der 74-Jährige eindringlich um Neuzugänge im Verein.

Weit über die Grenzen der Kurstadt hinaus bekannt geworden ist der Krippenverein durch zwei große Ausstellungen in den Jahren 2006 und 2008, bei denen der Verein den Besuchern über 100 Krippen und Klosterarbeiten präsentieren konnte. Auch ein im Jahr 2013 organisierter Krippenweg brachte dem Verein viel Lob ein, auch wenn Herold die Organisation als „wahnsinnig viel Arbeit“ in Erinnerung hat.

Den großen Wunsch des Vereins, selbst Krippenbaulehrgänge anzubieten, hat Herold noch nicht aus den Augen verloren. Bislang ist dieses Angebot aber an den räumlichen Möglichkeiten gescheitert. Um derartige Kurse anbieten zu können, bräuchte der Verein laut Herold nämlich Räumlichkeiten, in denen die Bauteile und entstehenden Modelle im Zeitraum zwischen September und November durchgehend Platz hätten und dort zudem abends gearbeitet werden kann.

Wer geeignete Räumlichkeiten anzubieten hat oder sich über den Verein und das Thema Krippenbau informieren will, kann sich an den Vorsitzenden Jürgen Herold, Telefon 08061/7651, wenden.

Doch die Kellerräume sind nicht die einzigen Räumlichkeiten des Hauses, die Herold in Beschlag genommen hat. Auf einem kleinen Tisch im Wohnzimmern lagern zahlreiche Broschüren und Informationsblätter rund ums Thema Krippen, Krippenbau und den Krippenverein Bad Aibling, dem der gebürtige Franke seit 1998 vorsteht. Im Obergeschoss finden sich dann in zwei Zimmern weitere Kisten und Vitrinen, in denen Herold Krippenfiguren unterschiedlichster Machart aufbewahrt. Dazwischen stehen immer wieder Regale mit hunderten Büchern, die sich mit dem Krippenbau oder der Geschichte der Weihnachtskrippe befassen.

„Schuld“, dass Herold vor mehr als 50 Jahren dem Krippenbau verfallen ist, war eigentlich dessen erstgeborener Sohn. Denn als dieser das Licht der Welt erblickte, beschloss der gebürtige Hofer, fürs erste Weihnachtsfest als kleine Familie eine eigene Krippe zu bauen. Eine Krippe, die auch heute noch im Keller der Familie steht und einen ganz besonderen Platz im Herzen des mittlerweile dreifachen Familienvaters eingenommen hat. „Mit der Zeit bin ich wirklich süchtig nach dem Bau von Krippen geworden“, erinnert sich Herold an die Anfänge zurück.

Mittlerweile sind mehr als ein halbes Jahrhundert vergangen – und die Menge an selbstgebastelten Krippen auf rund 60 Stück angewachsen. Immer wieder hat der heute 74-Jährige mit neuen Materialien experimentiert, sein Können und seine Fähigkeiten autodidaktisch ausgebaut und verfeinert. Und sich somit in der Welt des Krippenbaus einen hervorragenden Ruf erarbeitet. So steht der Bad Aiblinger einem Tiroler Krippenverein, bei dem er ebenfalls Mitglied ist, seit Jahren zwischen September und November als Krippenbaulehrer zur Verfügung.

Eine kosten- und zeitintensive Leidenschaft

Dass das Krippenbauen ein kosten- und zeitintesives Hobby ist, daraus macht der handwerklich geschickte Mann mit dem grauen Bart und dem markanten Zopf keinen Hehl. Wie lange er genau für eine Krippe brauche, könne er nicht sagen. „Da kommen aber sicherlich mehr als 100 Stunden zusammen“, ist sich Herold sicher. „Manchmal passiert es auch, dass ich einige Tage bei einer Krippe pausiere, weil mir die Ideen fehlen“, gibt der Krippenbauer Einblicke in seine Arbeit.

Eine Arbeit, die vor allem von der Liebe zum Detail geprägt ist. So gibt sich Herold nicht damit zufrieden, dass die Heilige Familie vier Wände hat, in denen das Christuskind letztlich zur Welt kommen kann. Die kleinen Türen für den Stall müssen bei Herold auch kleine Scharniere und Türklinken im Miniaturformat haben. An den Wänden sind oftmals Fackelhalter mit Miniatur-Fackeln angebracht. Zudem achtet der 74-Jährige auf die Funktionalität seiner Werke: „Die Dächer sind beispielsweise abnehmbar, damit man bei einer möglicherweise defekten Beleuchtung schnell reparieren kann.“

Derzeit arbeitet der Vorsitzende des Krippenbauvereins an einer neuen Darstellung – und zwar im orientalischen Stil. Ein Stil, der ihn noch mehr herausfordert, als die alpenländischen Darstellungen, von denen er ebenfalls viele angefertigt hat. Denn: „Bei den alpenländischen Krippen ist es ja meist nur der Stall, mehr gehört da nicht dazu“, erklärt Herold. „Bei den orientalischen Krippen ist in puncto Gemäuer und Dachgestaltung viel mehr Kreativität gefragt.“

Das zentrale Thema der Weihnachtskrippe

Doch was ist es, was den 74-Jährigen beim Thema Krippen so fesselt und seit mehr als einem halben Jahrhundert nicht mehr loslässt? „Es ist in erster Linie der Gedanke, der hinter den Krippen steht“, sagt Herold. „Es geht darum, das zentrale Thema der Christenheit, das Jesus Christus der Welt als Erlöser geboren worden ist, durch die Darstellungen an die Menschen weiterzugeben.“ Daher kann er persönlich auch mit jeder Form von Krippen leben, auch wenn ihm einige moderne Darstellungen „nicht so zusagen“.

Und wie sagt Herolds Frau, die letztlich ja damit Leben muss, dass ihr Mann einen großen Teil des Hauses für sein Hobby einnimmt, die Krippen-Sucht ihres Mannes zu? „Ich kann gut damit leben“, sagt Hildegard Herold und lacht. „Ich sage oft: ,Es ist doch viel besser, wenn er seine Zeit mit seinen Krippen verbringt, als wenn er ständig im Wirtshaus wäre.“ Zumal Hildegard Herold zugibt: „Auch ich habe ja viel Freude daran, wenn ich die Krippen dann anschauen kann.“

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