Zorn und Freude als Reaktion auf Ministerworte

Landkreis – Von großer Freude mit den Worten „ich freu mich narrisch“, bis hin zu Unverständnis und Kopfschütteln: Die Reaktionen der Befürworter und Gegner der B15neu gehen auseinander.
„Das darf doch wohl nicht wahr sein“, wettert Christian Pullacher. Der 47-Jährige hatte so sehr auf die Planungen einer B15neu gesetzt, diese wird jetzt keine Rolle mehr im Bundesverkehrswegeplan spielen. Joachim Herrmann hatte am Montagnachmittag erklärt, dass die Planungen einer neuen Trasse für die B15neu nicht eingereicht werden, die B15neu spiele keine Rolle mehr und werde nicht weiter als Projekt angesehen, heißt es. Diese Vorahnung hatte Marcel Huber bereits vor einigen Monaten schon öffentlich gemacht.
Jubel und Zorn halten sich die Waage
„Wie kann es sein, dass Tausende Bürger einfach überhört werden mit dem Wunsch nach einer Entlastung auf der Straße“, so Christian Pullacher. Auch er hat zugunsten einer B15neu unterschrieben und ist bei der Initiative ProB15neu mit dabei.
Viele seiner Mitstreiter sehen das Aus der B15neu indes nicht so furchtbar. „Immerhin werden Ortsumfahrungen und Überholungsstreifen angedacht“, erklärt Irina Meier. Sie finde die Lösung, sich auf die Schwerpunkte zu konzentrieren und genauer hinzuschauen, wo es einem Straßenausbau bedarf, gar nicht so schlecht, betont die Haagerin, die täglich bis nach Rosenheim unterwegs ist, um in die Arbeit zu fahren.
Große Freude kommt bei den Gegnern der B15neu auf. Die Grünen-Kreisvorsitzende Steffi König zeigt sich hocherfreut darüber, dass hier nach jahrelanger Diskussion, der Widerstand zum Erfolg führte. „Wir haben uns gerade im letzten Jahr sehr gegen die B15neu engagiert, insbesondere auch unsere Landtagsabgeordneten Rosi Steinberger und Claudia Stamm sowie der Bundestagsabgeordnete Thomas Gambke“, heißt es von König auf Nachfrage.
Immer noch Vorsicht geboten?
Viele jubeln über die durch Joachim Herrmann bekanntgegebene Entscheidung, die B15neu nicht in den BVWP zu geben. Einzeln kommt jedoch zaghafte Vorsicht ins Gespräch. „Es waren durchaus auch schwammige Aussagen durch Minister Herrmann zu hören“ findet unter anderem Siglinde Wimmer. Sie animiert daher alle Gegner der B15neu, weiter aktiv zu bleiben und sich für die Belange der einzelnen Kommunen stetig einzusetzen.
Weiter am Ball bleiben und die Verkehrssituation nicht außer Acht lassen wollen auch viele Rathauschefs.
So zeigt sich Wasserburgs Bürgermeister Michael Kölbl erfreut über die Entscheidung, die Trassenverläufe der B15neu nicht in den Verkehrswegeplan zu schicken.
„Ich denke dass durch das geschlossene Auftreten der Gemeinden deutlich geworden ist, dass wir hier keine autobahnähnliche Straße wollen, die den Norden Deutschlands mit Italien verbindet“, so Kölbl. Vielmehr möchten die Vertreter der Kommunen eine Straße, die verkehrstüchtig sei und verkehrssicher und zudem Ortsumgehungen vorsehe, erklärt das Stadtoberhaupt. Verbesserte Kreuzungsbereiche, Straßenausbau mit zwei plus eins an Spuren mitsamt einer teilweisen Überholspur. Diese Vorschläge etlicher Kommunen scheint nach an die Landespolitik herangekommen zu sein. „Es ist ein Erfolg auf ganzer Breite“, betont Michael Kölbl. Den Gedanken der Gemeinden könne man sich jetzt tatsächlich nähern, so Kölbl. „Wenn es in der Verkehrswegeplanung geblieben wäre, hätte es wenig Chancen gegeben, Ortsumfahrungen anzustoßen“. Kreuzungsentschärfung und andere Vorschläge seien in den Beschlüssen zusammengefasst worden, die bestehende Trasse könne nun verkehrstüchtig werden.
Dies sieht der Rotter Bürgermeister Marinus Schaber ebenso. „Ich bin erleichtert, die B15neu in der vorgesehenen Planung wäre doch ein Irrsinn gewesen“ heißt es von Schaber im Gespräch mit wasserburg24.de. Zwar hätte es die Gemeinde Rott nicht so schwer getroffen wie die Nachbarn aus Ramerberg, doch vom Grundsatz her sei es für jede Kommune, die sich gegen die B15neu gestemmt habe, ein Erfolg. „Die jetzigen Planungen mit dem Ausbau samt der Ortsumfahrungen sind gut, so habe auch ich mir das vorgestellt. Vielleicht kommt nun auch die Ortsumfahrung Lengdorf zügiger“, so Marinus Schaber weiter.
Er sei guter Dinge, dass die Ausbauplanungen mit den Überholspuren zu verwirklichen seien, erläutert der Rotter Rathauschef abschließend.
„Ich freue mich narrisch“ kommt es unverblümt dem Edlinger Bürgermeister Matthias Schnetzer über die Lippen.
Dass es jetzt nicht zur Anmeldung komme, sei ein großer Erfolg für die Bürger, die sich so sehr eingesetzt haben und gegen die Einreichung der Trasse in den BVWP engagiert hätten, so Schnetzer. „Sowohl die Bevölkerung, als auch die Regionalpolitiker haben vollen Einsatz gegeben. Es zeigt, dass über die Köpfe der Bürger hinweg nicht entschieden werden kann, wenn es um so große Maßnahmen geht“, betont Schnetzer im Gespräch mit wasserburg24.de.
Die Politik solle zur Kenntnis nehmen, dass man sich nicht alles gefallen lassen müsse, der Widerstand habe sich bewährt, das Kabinett habe beschlossen und es sei zu sehen gewesen, dass sich die Politiker aus der Region, parteiübergreifend nicht mit der B15neu anfreunden konnten, ertönt es aus dem Edlinger Rathaus.
Großes Lob geht von Matthias Schnetzer in Richtung Bundestagsabgeordneter Daniela Ludwig. „Sie ist Vorsitzende im Verkehrsausschuss des Bundes und maßgeblich daran beteiligt. Frau Ludwig hat die Region immer bestärkt und unterstützt, das ist sehr lobenswert“, so Schnetzer. Er befürworte die wechselseitige Überholmöglichkeit, die jetzt immer mehr in den Vordergrund rückt.
Oberbergkirchen fühlt sich bestärkt
Viel wurde diskutiert, auch die Gemeinde Oberbergkirchen hat sich vehement gegen die B15neu gestemmt, darum fühlt sich Bürgermeister Michael Hausperger momentan besonders bestärkt, alles richtig gemacht zu haben. „Ich war mit vielen anderen Bürgermeistern, die ebenfalls betroffen waren, unterwegs. Besuche bei übergeordneten Politikern und viele Argumente standen an“.
Es sei widersinnig gewesen, Orte zu durchtrennen, um Trassen durchzuziehen, so der Oberbergkirchener Rathauschef. Freilich bräuchten Orte wie Taufkirchen, Dorfen und Ähnliche, Umgehungsstraßen, so Hausperger. Dass jetzt vernünftig verhandelt werde, gefalle ihm gut. Überzeugt davon bleibt er, dass durch die Aussagen von Joachim Herrmann die B15neu definitiv die nächsten zehn Jahre nicht in neue Planungen gingen.
IHK kritisiert Ministerentscheidung heftig
Auf heftige Kritik in der regionalen Wirtschaft stößt das Ende der Planungen einer neuen Trasse der B15neu zwischen Landshut und Rosenheim. „Die gänzliche Herausnahme aus dem Bundesverkehrswegeplan ist nur schwer nachvollziehbar, besonders aufgrund der definitiv stetigen Zunahme des Verkehrs. Mit Streichungen schafft man langfristig weder eine Entlastung für Straßen noch für die Bevölkerung“, kommentiert Ingrid Obermeier-Osl, Vizepräsidentin der IHK für München und Oberbayern und Vorsitzende des IHK-Gremiums Altötting-Mühldorf, die gestern bekannt gewordene Entscheidung der Bayerischen Staatsregierung.
„Ein leistungsfähiges Straßennetz ist wegen des stark zunehmenden privaten und gewerblichen Verkehrs unerlässlich für eine florierende Wirtschaft und die weitere Entwicklung der Region“, erläutert Obermeier-Osl. „Jeder weiß, dass es bei unserer Verkehrsinfrastruktur ganz offensichtlichen Nachholbedarf gibt, der durch ein paar Ortsumfahrungen nicht ansatzweise gedeckt wird“, beklagt die IHK-Vizepräsidentin. Die Absage komme einer Realitätsverweigerung gleich, kritisiert Obermeier-Osl die Staatsregierung. „Die Region wird weiter Fachkräfte verlieren und Unternehmen werden sich mit ihren Arbeitsplätzen eher anderswo ansiedeln“, so Obermeier-Osl. Die Gremiumsvorsitzende erwartet, dass es bei den nun anstehenden Planungen der Ortsumfahrungen ebenso zu Protesten kommen wird. „Der Schwarze Peter wird hin und her geschoben, während der von allen verursachte Verkehr unablässig zunimmt. Leidtragende sind auch die Anwohner an den bisherigen Ortsdurchfahrten“, sagt die IHK-Vizepräsidentin.
Das IHK-Gremium Altötting-Mühldorf ist die demokratisch gewählte Interessenvertretung von mehr als 14.000 Unternehmen aus Industrie, Handel und 2/2 Dienstleistungen in den Landkreisen Altötting und Mühldorf. Das IHK-Gremium hatte sich in den vergangenen Jahren mehrfach für den Bau der B15neu ausgesprochen. Das Gremium hat sein Votum unter anderem mit Prognosen begründet, die in der Region bis 2030 eine Zunahme des privaten Verkehrs um zehn Prozent, im gewerblichen Bereich um 39 Prozent, erwarten.
Pressemeldung der IHK München und Oberbayern