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Dafür will der Landkreis Rosenheim über 50 Millionen Euro investieren

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Von: Norbert Kotter

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Erwartet eine Zeit der Herausforderungen: Landrat Otto Lederer
Landrat Otto Lederer © Stefan Hadersbeck

Landrat Otto Lederer (CSU) fasste sich in der Debatte des Kreistags kurz. „Wir haben einen Haushalt der Superlative“, sagte er bei der Verabschiedung des einen Gesamtumfang von rund 407,78 Millionen Euro aufweisenden Rekordetats im Gremium.

Rosenheim – Etwa 343,6 Millionen Euro umfasst der Verwaltungshaushalt, aus dem der Landkreis seine Pflichtaufgaben – unter anderem die Personalkosten – finanziert. Der Ansatz im Vermögenshaushalt, aus dem die Investitionen getätigt werden, beläuft sich auf 64,16 Millionen Euro. Rekordniveau erreichen die vorgesehenen Investitionen, die bei über 50 Millionen Euro liegen.

So sieht die Prognose des Kämmerers mit Blick auf Investitionen, Kreditaufnahmen und die Schuldenentwicklung bis zum Jahr 2026 aus.Klinger
So sieht die Prognose des Kämmerers mit Blick auf Investitionen, Kreditaufnahmen und die Schuldenentwicklung bis zum Jahr 2026 aus.Klinger © -

Bezirksumlage ist größte Ausgabe

167 Millionen Euro steuern die Gemeinden über die Kreisumlage zum Haushalt bei. Das Plus, das der Landkreis von ihnen aufgrund der gestiegenen Umlagekraft und der Erhöhung der Kreisumlage auf 46,75 Prozent erhält, liegt bei rund neun Millionen Euro. Bei den Zuweisungen des Freistaats kann der Kreis im kommenden Jahr mit 83 Millionen Euro rechnen. Etwa 78,6 Millionen Euro muss er an den Bezirk zur Erfüllung von dessen Aufgaben beisteuern – der größte Ausgabeposten im Zahlenwerk von Kämmerer Marcus Edtbauer. Obwohl der Hebesatz mit 22 Prozent gleich geblieben ist, sind das aufgrund der gestiegenen Einnahmen des Kreises 2,6 Millionen Euro mehr als im Vorjahr.

Nicht zuletzt der Inflation geschuldet ist nach Ansicht des Landrats die Tatsache, dass sich im Verwaltungshaushalt eine Steigerung von knapp 8,2 Prozent ergibt. Für die 968 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landkreises müssen aus diesem Topf etwa 61 Millionen Euro an Personalkosten berappt werden. Einen starken Anstieg von circa 18 Prozent verzeichnet der Kreis bei den Sozialleistungen – nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass viele Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine hier Zuflucht gefunden haben. Auf circa 52 Millionen Euro belaufen sich die Gesamtkosten für soziale Leistungen, im Bereich der Jugendhilfe kommen gut 35 Millionen Euro an Ausgaben hinzu. Ein Grund für die Kostensteigerung ist auch die Tatsache, dass zur Bewältigung der Aufgaben auch zusätzliches Personal erforderlich ist. Mit 56 Millionen Euro schlagen die 23 Schulen zu Buche, deren Träger der Landkreis ist.

Aus dem Vermögenshaushalt fließen unter anderem Gelder in die Erweiterung und den Umbau der Beruflichen Oberschule in Rosenheim, die Erweiterung und Generalsanierung der Berufsschule in Wasserburg, in die Generalsanierung und den Umbau von Bauteil C der Realschule Bad Aibling sowie für die Aufstockung und Sanierung des Landratsamtes in Rosenheim. Für die Sanierung von Kreisstraßen sowie der Freisportanlagen an der Realschule in Bad Aibling sowie den Gymnasien in Wasserburg und Raubling sind aus dem Topf für Tiefbaumaßnahmen circa 2,5 Millionen Euro vorgesehen.

Dank an die Bauabteilung

Zur Finanzierung all dieser Maßnahmen ist eine Zuführung von gut 23 Millionen Euro vom Verwaltungs- in den Vermögenshaushalt vorgesehen. 12,5 Millionen Euro erwartet der Landkreis hierfür an Zuschüssen des Freistaates. An Kreditaufnahmen sind 11,4 Millionen Euro eingeplant. Da der Kreis auch Tilgungen in Höhe von 8,5 Millionen Euro plant, lässt sich der Anstieg der Nettoneuverschuldung auf 2,9 Millionen Euro begrenzen.

Trotz der Superlative, die der Landrat dem Zahlenwerk attestiert, verhehlte er in der Debatte auch seine Sorgen nicht. „Das ist alles ein großes Ratespiel. Niemand weiß, wie viele Menschen noch zu uns kommen werden und welche Mittel wir dafür aufwenden müssen“, sagte er mit Blick auf die jüngste Entwicklung der Flüchtlingszahlen. Eine weitere Sorge: Die Romed-Kliniken kamen in den vergangenen Jahren ohne Zuschuss des Landkreises aus, weil kein Betriebsdefizit vorhanden war. Der Landkreis geht allerdings nicht davon aus, dass dies in Zukunft so bleiben wird. „Da wissen wir auch noch nicht genau, wie sich die Entwicklung darstellen wird“, sagte Lederer. Er wies darauf hin, dass andere Landkreise schon längst Gelder zur Aufrechterhaltung des Klinikbetriebes bereitstellen mussten.

Was die Diskussion mit den Gemeinden im Vorfeld der Kreistagssitzung um die Höhe der Kreisumlage betrifft – im Gremium war mehrfach von „Geschachere“ die Rede – , zeigte sich Otto Lederer mit dem Ergebnis zufrieden. „Das ist ein Kompromiss, der auch aus Sicht des Landkreises noch vertretbar ist.“ Er verteidigte zudem die Bereitstellung von 800 000 Euro im Jahr 2023, die für den Beitritt des Landkreises zum Münchner Verkehrsverbund gedacht sind.

Der Landrat dankte ausdrücklich auch der Bauabteilung, dass sie ihren ursprünglich gemeldeten Bedarfsansatz für Investitionen angesichts der angespannten Finanzlage aus eigener Initiative um rund ein Drittel gekürzt habe. „Da wurde jede Maßnahme nochmals auf den Prüfstand gestellt“, sagte Lederer.

Die Debatte im Kreistag

CSU-Fraktionssprecher Felix Schwaller hob in seinen Ausführungen hervor, dass der Landkreis-Haushalt alle Bereiche umfasse und es keine Schattenhaushalte gebe. Das Zahlenwerk sei „absolut in Ordnung“. Dennoch weise der Etat eine Besonderheit auf. „Wir wissen diesmal nicht so genau wie sonst, wo die Reise 2023 und in den Folgejahren hingeht“, sagte Schwaller mit Blick auf die aktuellen Krisen und die Entwicklung der Flüchtlingssituation. Ausdrücklich begrüßte er im Namen seiner Fraktion, dass der Landkreis Mittel für den MVV-Beitritt bereithält. Die Erhöhung des Schuldenstandes sieht er angesichts der Investitionssumme von über 50 Millionen Euro und des starken Anstiegs des Verwaltungshaushaltes als unproblematisch an. „Mir ist nicht bange. Dieser Haushalt ist politisch so sicher wie die Etats der Vergangenheit“, betonte der Bad Aiblinger Altbürgermeister und kündigte die Zustimmung seiner Fraktion an.

Martina Thalmayr,Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen , vollzog in ihrer Haushaltsrede einen Spagat . Hatte sie tags zuvor im Kreisausschuss dem Zahlenwerk noch zugestimmt, gab sie im Kreistag ihre Ablehnung bekannt. Gleichzeitig räumte sie ein, dass sich ihre Fraktion in der Bewertung des Haushalts uneinig ist. Sie bezeichnete den Etat zwar als „ökonomisch solide“, bemängelte aber, dass bei der Verteilung der Gelder die Dringlichkeit der Klimarettung nicht erkannt worden sei. Wenn der Landkreis in Sachen Klimaschutz in diesem „Schneckentempo“ wie bisher weitermache, werde er die Klimaziele „krachend verfehlen“.Klimarettung müsse zur Chefsache werden, forderte sie. Die angespannte Haushaltslage und die schwierige Zukunftsprognose entbänden ihn nicht von seiner Verantwortung für die Klimarettung. „Jeden Euro, den wir heute nicht in diese Rettung investieren, zahlen unsere Enkel und Urenkel doppelt und dreifach.“

Die Zustimmung der Freien Wähler zum Haushalt signalisierteFraktionssprecher Sepp Lausch in seiner Rede. Er zeigte sich bestürzt über das „Geschachere“ um die Kreisumlage und übte indirekt auch Kritik an manchen seiner Kreistagskollegen. „Es geht nicht, dass wir im Verlauf des Jahres ziemlich alle Investitionen immer einstimmig beschließen und manche dann bei der Haushaltsaufstellung einen Schritt zur Seite machen.“ Das Zahlenwerk nannte er solide, warb aber zugleich für einen Abbau des „Bürokratiewahnsinns“. Lausch warf auch die Frage in den Raum, ob mehr Effizienz beim Einsatz des Landkreis-Personals zu erzielen sei.

Fraktionssprecher Dieter Kannengießer stimmte im Namen der Parteifreien/ÜWG dem Etat zu, bedauerte aber, dass der Hauptfokus bei den Diskussionen nicht den vielfältigen Einnahme- und Ausgabeposten gegolten habe, sondern wieder einmal auf der Belastung der Gemeinden gelegen sei. Eine Verschiebung von Investitionen angesichts der angespannten Finanzsituation lehnte er ab. „Dies führt nur zu Kostensteigerungen in der Zukunft. Außerdem wollen wir keine Investitionsstaus verursachen.“ Da die Rücklage des Landkreises in den vergangenen Jahren auf ein Rekordniveau von 40,5 Millionen Euro angestiegen sei, sei eine Entnahme „kein Luxus“.

SPD-Fraktionssprecherin Alexandra Burgmaier verkündete das Ja ihrer Fraktion zum Haushalt und nannte den ins Auge gefassten Beitritt des Landkreises zum MVV „einen Quantensprung“. Dennoch sei klar, dass im Bereich des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) noch viel passieren müsse. Das Deutschland-Ticket werde ein wichtiger Baustein. Den Haushalt bezeichnete sie als „solides Zahlenwerk“. Burgmaier beendete ihre Rede mit einem leidenschaftlichen Appell. „Wir müssen die Krise als Chance sehen und dürfen uns nicht von Populismus und Hetze leiten lassen. Mit Blick auf den Klimaschutz ist immer davon die Rede, dass wir nur einen Planeten haben. Wir haben aber auch nur ein demokratisches System, das wir bewahren müssen.“

Franz Bergmüller lehnte den Etatentwurf im Namen der AfD-Fraktion ab. Hauptgründe: der zum jetzigen Zeitpunkt geplante MVV-Beitritt und teilweise mangelnde Transparenz der Landkreispolitik. Da spielte er insbesondere darauf an, dass die AfD nicht im Aufsichtsrat der Romed-Kliniken vertreten ist. Bergmüller sprach von einem „dramatischen Anstieg“ der Sozialleistungen, die der Landkreis erbringen müsse. Dies hänge mit den steigenden Energiekosten und der Vielzahl der Ukraine-Flüchtlinge zusammen, um die er sich kümmern müsse. Dem Freistaat warf er vor, Kosten nicht zu übvernehmen, die er nach dem Konnexitätsprinzip tragen müsste. Bergmüller plädierte außerdem dafür, bei der Festsetzung der Kreisumlage in den kommenden Jahren die Finanzsituation der Gemeinden nicht aus dem Auge zu verlieren. „Die AfD ist da eher bei den Gemeinden.“

Josef Fortner (ÖDP) begründete die Ablehnung seiner Partei unter anderem damit, dass trotz der Erhöhung der Umlagekraft um 3,5 Prozent eine Nettoneuverschuldung von 2,9 Millionen Euro geplant sei. Ein ausgeglichener Haushalt ohne Schuldenaufnahme wäre aus seiner Sicht verantwortungsvoll gewesen. „Wir sollten die Probleme nicht in die nächsten Jahre verschieben.“

Dr. Klaus Rosellen (Die Linke) wollte den Etat ebenfalls nicht mittragen. „Wir lehnen den Haushalt weitgehend ab. Den Beitritt zum MVV begrüßen wir allerdings.“

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