Reagiert Immunsystem anders?
Corona-Impfungen für Kinder: Karliczek wendet sich an die Länder - von Experten kommt eine Mahnung
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Impfungen werden mittlerweile im Akkord verabreicht. Nur für Kinder und Jugendliche ist noch nichts dabei. Das soll sich bald ändern. Weshalb nun die Politik gefordert ist. Aus Berlin geht eine Forderung an die Länder raus.
München - Rund um den Globus wird gegen die Pandemie angeimpft. Die Johns-Hopkins-Universität aus den USA zählt bereits mehr als 1,65 Milliarden verabreichte Impfdosen. Mit den Präparaten von Biontech*, Astrazeneca*, Moderna und Johnson & Johnson* soll das Coronavirus bekämpft werden. So lautet der ambitionierte Plan. Ein Problem dabei: Für eine große Bevölkerungsgruppe gibt es bislang quasi noch gar keinen Wirkstoff.
Die Rede ist dabei von den Kindern und Jugendlichen, die Statistiken zufolge gut ein Viertel der Weltbevölkerung ausmachen. Doch die bislang freigegebenen Vakzine gegen das Virus sind noch nicht am Nachwuchs getestet worden und daher auch nicht für Mädchen und Jungen freigegeben. Lediglich in Kanada und den USA* können sich Jugendliche seit wenigen Tagen den Pieks gegen schwere Covid-19*-Verläufe abholen.
Corona-Impfungen für Kinder: Karliczek fordert Fahrplan von den Bundesländern
Für das EU-Gebiet bemüht sich Biontech derzeit um eine zeitnahe Zulassung für Zwölf- bis 15-Jährige - für Deutschland müsste nach der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) auch die Ständige Impfkommission (Stiko) ihr Okay geben. Und die deutsche Politik? Schaut wie so oft in der Krise zu und harrt der Dinge, könnte man meinen.
Oder wird etwa doch schon vorausgeschaut? Bildungsministerin* Anja Karliczek drängt jedenfalls auf schnelle Umsetzungen, sollte es Grünes Licht geben. „Es wäre wünschenswert, wenn es schon sehr zeitnah in allen Bundesländern einen Impffahrplan für die Kinder und Jugendlichen ab zwölf Jahren geben könnte“, nimmt die CDU-Politikerin die Länder im Gespräch mit den Zeitungen der Funke Mediengruppe in die Pflicht.
Corona-Impfungen für Kinder: Neues Schuljahr soll „wieder relativ normal beginnen“
Karliczek setzt ein zeitliches Ziel: „Ich möchte, dass vor allem nach den Sommerferien überall der Schulbetrieb wieder relativ normal beginnen kann.“ Heißt: raus dem Wechsel- und hinein in den Präsenzunterricht. Ihr weiterer Plan sieht deshalb auch vor, „wirklich flächendeckend allen Lehrkräften ein Impfangebot“ zu machen.
Auch Studierende, die ebenfalls mit wenigen Ausnahmen den Lernstoff nur noch digital verabreicht bekommen, will sie nach vorne zerren. So gehe es darum, „dass auch die jungen Leute jetzt zügig geimpft werden, sodass sie dann auch die Hochschulen wieder bevölkern können“. Karliczek drückt also auf die Tube.
Corona-Impfungen für Kinder: Vakzine für Erwachsene können nicht einfach Jüngeren verabreicht werden
Doch so einfach scheint die Sache gerade im Hinblick auf die Jüngeren leider nicht zu sein. Laut Deutsche Welle verweisen mehrere Experten darauf, dass ein für Erwachsene entwickelter Impfstoff nicht eins zu eins auf Kinder anwendbar* sei. Laut Dr. Karina Top, kanadische Impfstoffforscherin und Dozentin für pädiatrische Infektiologie an der Universität Dalhousie, sei ein solches Vorgehen nicht üblich.
So sei etwa beim Tetanus-Impfstoff die Rezeptur für Babys anders als für Kinder und Jugendliche. Bei anderen Vakzinen variiere die Anzahl der zu verabreichenden Dosen je nach Altersgruppe. „Zum Beispiel beim HPV-Impfstoff (humane Papillomaviren, d. Red.) können wir bei Personen unter 14 Jahren zwei Dosen verabreichen, zumindest in Kanada. Aber 15-Jährige und Ältere brauchen die dritte Dosis, weil die Reaktion nicht ganz so stark ist“, wird die Nordamerikanerin zitiert.
Corona-Impfungen für Kinder: Immunsystem reagiert anders als bei Erwachsenen
Dr. Axel Gerschlauer, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin und Pressesprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärztem (BVKJ), hebt ebenfalls mahnend den Finger. Unisono betonen Expertin und Experte, das Immunsystem von kleinen Kindern würde anders auf Impfstoffe reagieren als der Abwehrmechanismus bei Jugendlichen und Erwachsenen. Es braucht also womöglich andere Mixturen für die Jüngeren.
Immerhin sind aus den USA und Kanada noch keine Schreckensmeldungen über folgenschwere Nebenwirkungen der Impfungen von Kindern und Jugendlichen zu vernehmen. Hierzulande scheint dennoch Geduld gefragt. Aber die ist in dieser Pandemie ja ohnehin ein wichtiges Gebot. (mg) *merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA
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