Ganze Welt spricht über Affenpocken: Was steckt hinter der Krankheit? Symptome, Ansteckung und Ausbreitung

Die Pocken zählten lange zu den gefährlichsten Krankheiten überhaupt für den Menschen. Impfstoffe brachten die Rettung, seit 1980 gilt die Welt als pockenfrei. Ein verwandter, aber harmloserer Erreger sorgt nun aber für eine ungewöhnliche Infektionshäufung. Was bedeutet das? Droht uns die nächste Pandemie?
Seit Anfang Mai sind in Europa und Nordamerika mehrere Fälle von Affenpocken aufgetreten. Auch in Deutschland gibt es einen ersten Infizierten, wie das Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr am Freitag in München mitteilte. Damit wächst die Sorge, dass sich die in Teilen Afrikas endemische Krankheit über den Kontinent hinaus ausbreiten könnte. Wir beantworten die wichtigsten Fragen:
Was sind die Affenpocken?
Die Affenpocken sind eine Infektionskrankheit, die durch Viren von Tieren auf den Menschen übertragen wird. Der Erreger wurde erstmals 1958 in einem dänischen Labor bei Affen nachgewiesen - daher der Name Affenpocken. Fachleute vermuten allerdings, dass der Erreger eigentlich in Hörnchen und Nagetieren zirkuliert, Affen gelten als sogenannte Fehlwirte. Das Affenpockenvirus ist auch auf den Menschen übertragbar. Auch von Mensch zu Mensch können die Viren weitergegeben werden, jedoch nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nur begrenzt.
Großen Schrecken verbreitete früher die Pockenkrankheit, verursacht von einem Virus aus der gleichen Gruppe. An der Infektion starb ein großer Teil der Betroffenen. Die Pockenkrankheit gilt nach Impfkampagnen seit 1980 als ausgerottet. Der letzte Fall in Deutschland wurde 1972 erfasst.
Was sind die Symptome von Affenpocken?
Zu den Symptomen zählen: Plötzlich einsetzendes Fieber, starke Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Halsschmerzen, Husten, häufig auch Lymphknotenschwellungen. Auch ein Hautausschlag im Gesicht, an den Handflächen oder Fußsohlen oder Schorf sind Symptome. Typisch ist zudem ein vom Gesicht auf den Körper übergreifender, pockentypischer Ausschlag. Selten treten Erblindung und entstellende Narben als Dauerschäden auf.
Wie gefährlich sind die Affenpocken?
Die kursierende Variante des Affenpocken-Virus ruft nach Angaben der britischen Behörde UKHSA meist nur milde Symptome hervor, kann aber auch schwere Verläufe nach sich ziehen. Dass Erkrankungen in westlichen Ländern tödlich verlaufen, hält der Epidemiologe Paul Hunter von der Universität of East Anglia für sehr unwahrscheinlich. Es sei aber nicht unmöglich, sagte er dem Sender BBC. Die in Europa und den USA auftretende westafrikanische Variante des Virus führe in Afrika bei etwa einem Prozent der Erkrankten zum Tod. Es gebe auch eine zentralafrikanische Variante, bei der zehn Prozent der Fälle auf dem Kontinent tödlich verliefen. Alle Altersgruppen und beide Geschlechter gelten dem RKI zufolge als gleichermaßen empfänglich. Von tödlichen Verläufen in Afrika sind demnach vor allem Kinder betroffen.
Wie wird das Virus übertragen?
Dem RKI zufolge geschieht eine Übertragung auf den Menschen allgemein häufig durch Kontakt mit infizierten Tieren oder tierischem Blut und Sekreten, über das Essen infizierten Affenfleischs sowie Tröpfcheninfektion. Von Mensch zu Mensch wird das Virus durch Tröpfcheninfektion, Wunden oder kontaminierte Gegenstände übertragen.
Bei den aktuell erfassten Fällen sind in der Mehrheit Männer betroffen, die Sexualkontakte zu anderen Männern hatten. Das Virus scheine sich derzeit vor allem zwischen homo- oder bisexuellen Männern auszubreiten, so Experten. Intimkontakt ist aber nur eine Möglichkeit der Übertragung - es ist womöglich Zufall, dass das Virus zunächst in diesen Personenkreis getragen wurde und dann vor allem dort weiter kursierte.
Wie ansteckend sind Affenpocken von Mensch zu Mensch?
Eigentlich gilt das Virus als wenig ansteckend. Bei der aktuellen Infektionshäufung sind die detaillierten Infektionsketten noch weitgehend unklar. Für den ersten bekanntgewordenen Fall in Großbritannien geht die Gesundheitsbehörde UKHSA davon aus, dass er auf eine Ansteckung in Nigeria zurückgeht. Inwieweit es weitere Einträge aus afrikanischen Regionen in westliche Länder gab, ist noch zu klären. Klar scheint aber, dass der Erreger anschließend ungewöhnlich oft an weitere Menschen weitergegeben wurde.
Aktuell scheine die Übertragung bei Affenpocken dabei aber zumindest nicht durch Aerosole zu erfolgen, schätzt der Marburger Virologe Becker. „Dann wäre das Ausbreitungsmuster anders.“
Wie gefährlich sind die Affenpocken?
In der Regel halten die Symptome zwei bis vier Wochen an und die Krankheit heilt von alleine aus. Schwere Fälle treten eher bei Kindern und gesundheitlich angeschlagenen Menschen auf. Auch die Menge an Viren, denen ein Patient ausgesetzt war, spielt eine Rolle für den Krankheitsverlauf. Die Sterblichkeitsrate bei registrierten Infektionsfällen schwankt je nach Virusstamm zwischen null und zehn Prozent.
Wie wird die Infektion behandelt? Gibt es eine Therapie?
Behandelt werden die Symptome sowie mögliche bakterielle Sekundärinfektionen, eine speziell gegen Affenpocken gerichtete Therapie gibt es nicht.
Gibt es eine schützende Impfung?
Eine zugelassene Impfung speziell gegen Affenpocken gibt es nicht. Historischen Daten zufolge schützt aber eine Pockenimpfung gut vor Affenpocken - und das wohl lebenslang. Die Pockenimpfung hat sich auch gegen die Affenpocken zu 85 Prozent als wirksam erwiesen.
„Die gute Nachricht ist, dass der Pockenimpfstoff gut gegen Affenpocken wirkt“, sagte der Epidemiologe Eric Feigl-Ding dem Science Media Center. „Die schlechte Nachricht ist, dass die meisten Menschen unter 45 Jahren nicht gegen Pocken geimpft sind.“
Wie ist die aktuelle Situation in westlichen Ländern?
Offenbar hat sich der Erreger bereits längere Zeit unbemerkt in mehreren westlichen Ländern ausgebreitet, am Donnerstag waren dann bereits zahlreiche Nachweise aus Europa und Nordamerika bekannt, darunter aus Deutschland, Großbritannien, Spanien, Portugal und Schweden. Allerdings ist im Zuge der gestiegenen Aufmerksamkeit mit weiteren Nachweisen zu rechnen, wohl auch in anderen Regionen der Welt.
Ausbreitungsgebiet Afrika
Affenpocken-Infektionen beim Menschen waren bislang vor allem aus Regionen West- und Zentralafrikas bekannt. Der erste Fall einer Affenpocken-Infektion beim Menschen sei 1970 in der Demokratischen Republik Kongo registriert worden, schreibt ein internationales Forscherteam im Fachmagazin „Plos Neglected Tropical Diseases“. Danach habe sich das Virus in andere Länder Afrikas ausgebreitet, 2003 sei es erstmals außerhalb des Kontinents nachgewiesen worden.
Im westafrikanischen Nigeria wurden in diesem Jahr nach Angaben der dortigen Gesundheitsbehörde zwischen Januar und Ende April 15 Fälle von Affenpocken erfasst. In Nigeria, Kamerun und der Demokratischen Republik Kongo kam es laut WHO in den vergangenen fünf Jahren immer wieder zu Ausbrüchen.
Ist der aktuelle Ausbruch bei Menschen außerhalb Afrikas ungewöhnlich?
„Die jetzt außerhalb Afrikas auftretenden Fälle sind schon ungewöhnlich und müssen genau untersucht und eine etwaige weitere Verbreitung genau beobachtet werden“, hieß es am Donnerstag vom FLI. „In der Vergangenheit waren die Affenpocken-Ausbrüche begrenzt in der Ausbreitung“, sagte der Virologe Stephan Becker von der Uni Marburg der Deutschen Presse-Agentur. Infektionsketten zwischen Menschen seien ungewöhnlich und müssten eng überwacht werden.
mz/dpa/afp