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Wochenlang kein Strom: Was schief lief am Bau eines Mehrfamilien-Hauses in Brunnthal

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Von: Stefan Weinzierl

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Bauherrin Monika Köhler und Architekt Bernd Kästner sind sauer.
Der Backofen bleibt aus, die Mietwohnung leer: Bauherrin Monika Köhler und Architekt Bernd Kästner sind sauer. © Stefan Weinzierl

Die Bewohner eines Mehrfamilienhauses in Brunnthal leben seit Monaten unter schlechten Bedingungen. Sie müssen sich in ihrer WhatsApp-Gruppe abstimmen, wer wann den Backofen oder die Spülmaschine anmacht. Für die Bauherrin Monika Köhler reicht es jetzt - wer in ihren Augen Schuld hat und wie es weiter geht.

Brunnthal – Monika Köhler erinnert sich noch genau an das Datum, als sie den Antrag bei der Bayernwerk Netz stellte: Es war der 7. Juli 2022. „Und die haben es bis heute nicht geschafft, einen Anschluss für den Hausstrom zu legen“, schimpft die Bauherrin. „Das ist wirklich unfassbar.“ Die 58-Jährige ist seit 40 Jahren im Baugeschäft tätig, hat mit Architekt Bernd Kästner zahlreiche Häuser errichtet. „Die Kunden waren immer zufrieden“, betont sie. „Jetzt sind mehrere der Eigentümer und Mieter, die im Dezember einen Teil der Wohnungen bezogen haben, stinksauer auf uns.“ Köhler kann das sogar verstehen. Denn weil der vorhandene Baustrom nur einen Teil des Strombedarfs deckt, müssen die Bewohner mit erheblichen Einschränkungen leben.

„Habe einen immensen Verlust gemacht“

Dass die beheizbare Tiefgaragenrampe und der Aufzug nicht in Betrieb gehen können, ist noch das geringste Problem. Das Haus, laut Köhler ausgestattet mit Wasser-Wärmepumpe und Solarthermie, kann nicht richtig beheizt werden. Das würde zu viel Strom fressen. Bisher seien in die 17 Wohnungen nur acht Parteien eingezogen. „Mehr geht nicht“, sagt Köhler. „Die Anwohner müssen sich schon jetzt abstimmen, wer wann den Backofen oder die Spülmaschine anmacht, sie haben dafür extra eine WhatsApp-Gruppe eingerichtet.“ Einige hätten gemeinsam Silvester gefeiert. „Damit sie ausreichend Licht haben und Musik anmachen konnten.“ Denn sind gleichzeitig zu viele Geräte an, kommt es zum Kurzschluss. Im Dezember ist das mehrmals passiert. Innerhalb weniger Tage ist rund zehn Mal die Hauptsicherung rausgeflogen, berichtet Architekt Kästner. Jedes Mal muss danach die Hauptsicherung ausgetauscht werden. Nicht die einzigen Kosten für Bauherrin Köhler. Sie zahlt den Baustrom, hat zudem vergangene Woche für 10 000 Euro eine zweite Baustromleitung legen lassen, weil sich hinter dem Mehrfamilienhaus noch sechs Doppelhaushälften im Bau befinden, die rechtzeitig fertig werden müssen. Hinzu kommen die Mieteinnahmen, die ihr derzeit verloren gehen, weil sie die fertig möblierten Wohnungen nicht vermieten kann, obwohl sie nach eigener Aussage zahlreich Interessenten hat. „Mittlerweile habe ich einen immensen Verlust gemacht“, sagt sie.

Zu allem Überfluss gibt es keinen Internet-Anschluss im Haus. Denn die Telekom verlegt die Kabel zusammen mit der Stromleitung. Für Anwohner Jean-Pierre Prange ein riesiges Problem: Er arbeitet im IT-Bereich und im Homeoffice. Um seine Kunden betreuen zu können, nutzt er nun das Mobilfunknetz und hat sich dafür Datenvolumen gekauft. „Damit versorge ich auch die Nachbarn“, sagt er. Doch die Kundenbetreuung ist so nur eingeschränkt möglich.

Schuldsuche an dem Dilemma

Für Köhler ist sonnenklar, dass die Bayernwerk Netz GmbH an dem Dilemma schuld ist. Die habe den Antrag erst acht Wochen nicht bearbeitet – und rede sich nun mit der Arbeitsüberlastung der ausführenden Firma heraus. „Dabei reden wir von gerade einmal fünf Metern, die es für einen Anschluss braucht – von der Straße zum Haus.“ Bayernwerk-Sprecher Christian Martens weist die Vorwürfe zurück. Die Anmeldung für den Hauptanschluss sei am 6. September eingegangen, das von der Bauherrin unterschriebene Angebot am 7. Oktober. Beides sei somit „sehr spät“ erfolgt. „Die Bearbeitungszeiten für die Infrastrukturanbindung von Neubauten haben sich deutlich verlängert“, sagt er. Das sei dem immensen Bauboom im Raum München sowie den knappen Ressourcen geschuldet. Zudem gebe es in den Wintermonaten nun einmal Einschränkungen bei der Bautätigkeit. Hoffnung auf eine schnelle Lösung macht er den Beteiligten nicht: „Je nach Witterung rechnen wir bis spätestens Ende März mit der erfolgreichen Ausführung des Auftrags.“

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