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„Viele Kirchen nicht barrierefrei“ - Pfarrgemeinde zeigt Verständnis für Rückzug Haimerls

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Von: Dr. Nicole Petzi

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Marille Bernhart vor MößlingsKirche Mariä Himmelfahrt. Die Pfarrgemeinderatsvorsitzende lobt den mutigen Entschluss von Stadtpfarrer Roland Haimerl.
Marille Bernhart vor MößlingsKirche Mariä Himmelfahrt. Die Pfarrgemeinderatsvorsitzende lobt den mutigen Entschluss von Stadtpfarrer Roland Haimerl. © Petzi

Mit Betroffenheit und Verständnis reagierten einige der Pfarrgemeinderatsvorsitzenden der sechs Pfarreien der Stadtkirche Mühldorf. Zumindest drei haben sich nach Stadtpfarrer Roland Haimerls Rückzugsangebot zu einer ersten Stellungnahme durchgerungen. Mößlings Vertreterin der Pfarrgemeinde Marille Bernhart findet klare Worte.

Mühldorf/Mettenheim – Nach dem ersten Schreck, vielleicht bald keinen Pfarrer mehr zu haben, hat Marille Bernhart Respekt vor dem Mut von Stadtpfarrer Roland Haimerl empfunden. Von seinem Rücktrittsgesuch aus gesundheitlichen Gründen bis Jahresfrist hat die Vorsitzende des Pfarrgemeinderats Mariä Himmelfahrt in Mößling am Sonntag erfahren.

„Da ich ausnahmsweise nicht dem Gottesdienst St. Nikolaus beigewohnt habe, hat mir meine Tochter vom Schritt unseres Pfarrers erzählt“, sagt Bernhart. Wie berichtet, hatte der Stadtpfarrer zum Abschluss des Erntedankgottesdienstes über sein Rückzugsangebot informiert. Mitte Oktober wird Erzbischof Reinhard Marx darüber entscheiden.

Sakristeistufen sind ein Hindernis

In den rund 20 Jahren, in denen sie dem Pfarrgemeinderat vorsteht, hat Bernhart so manches erlebt. Am einschneidendsten sei die Umstellung von einer kleinen Pfarrei in den Pfarrverbund der Stadtkirche vor zwölf Jahren gewesen. Ein „Mammutprogramm“, das auch dank Pfarrer Haimerls Engagement gut geklappt habe, betont Bernhart, die aber auch auf die Probleme verweist, die Haimerls Krankheit mit sich gebracht haben.

„Gottesdienste zu halten, war eigentlich seit einigen Jahren nicht mehr möglich“, sagt die 62-Jährige. Das Patrozinium, das die Pfarrei noch vor der Pandemie gefeiert habe, sei das letzte Kirchenfest gewesen, das der 1960 geborene Stadtpfarrer ohne Rollstuhl habe feiern können.

Viele Kirchen seien einfach nicht barrierefrei, betont Bernhart mit einem Kopfschütteln. In Mößlings Kirche seien die zwei Stufen zur Sakristei für den gehbehinderten Pfarrer ein großes Hindernis gewesen.

„Der Zustand des Pfarrers hat sich die vergangenen Jahre schleichend verschlechtert.“ Für Marille Bernhart ist es daher sehr verständlich, dass sich Roland Haimerl, der sich ihrer Ansicht nach seinen Schritt lange überlegt haben dürfte, zurückziehen möchte.

Priestermangel ein großes Thema

Sie wünscht sich nun, dass die Erzdiözese – sollte sie dem Gesuch Haimerls entsprechen – einen schnellen Ersatz für die Stadtkirchen findet. „Natürlich haben wir derzeit einen Priestermangel. Mit Gemeindereferenten und Pastoralassistenten könnte es in Zukunft weniger Eucharistiefeiern, mehr Wortgottesdienste geben“, überlegt Bernhart. Aber: „Das ist auch Kirche.“

Ähnlich sieht es die Pfarrgemeinderatsvorsitzende von St. Michael in Mettenheim, Sandra Stutzriem. Sie habe bereits vergangenen Donnerstag im Rahmen der Stadtkatholikenratssitzung von Pfarrer Haimerls Entschluss gehört. „Ich war sehr betroffen aufgrund seiner schwierigen Situation. Seinen Entschluss, zu dem er sich offensichtlich durchringen musste, respektiere ich voll und ganz“, sagt sie.

Die Zusammenarbeit in der Stadtkirche sei unter Haimerls Aufsicht eine gute gewesen. Dem Stadtpfarrer habe man trotz seiner großen Einschränkung die Freude an der Arbeit angesehen, betont die Mettenheimerin. Nun wünsche sie sich, dass man auch unter zukünftiger Führung für eine stabile Stadtkirche sorgen werde.

„Es soll einfach alles so bleiben, wie es ist. So ist es gut“, sagt Sandra Stutzriem, der besonders am Fortbestand der eigenständigen dörflichen Kirchenstruktur gelegen ist. Mit Seelsorgern wie Diakon Manfred Scharnagel sei man gut aufgestellt. Wie auch immer, ergänzt Stutzriem: „Der Kardinal wird schon die beste Entscheidung im Sinne der Stadtkirche treffen.“ Ob er aus Mangel an geeigneten Leuten bei dem Rückzugsgesuch Haimerls zögert, kann die Pfarrgemeinderatsvorsitzende nicht einschätzen.

Genauso wenig wie ihr Kollege Georg Waldinger. Der Pfarrgemeinderatsvorsitzende von St. Nikolaus ist sich nicht sicher, ob die Erzdiözese eine „Übergangslösung“ für Pfarrer Haimerl oder die Stadtkirche im Auge habe. Man werde sehen. Auch Waldinger hat vollstes Verständnis für den Schritt des Stadtpfarrers.

Mit persönlichen Stellungnahmen zurückgehalten haben sich auf Nachfrage der OVB-Heimatzeitungen die restlichen Pfarrgemeinderatsvorsitzenden von St. Peter und Paul, Claudia Hungerhuber, sowie von St. Pius, Ingrid Leiß-Maler. Man möchte den Wunsch des Stadtpfarrers respektieren, der im Gottesdienst die Kirchengemeinde gebeten hat, bei Anfragen auf die Pressestelle der Erzdiözese zu verweisen. Heinz Zuber von St. Laurentius war telefonisch nicht erreichbar.

Seitens des Erzbistums München-Freising kam unterdessen die Mitteilung, dass der Erzbischof über das Gesuch noch nicht entschieden habe. Auch über eine mögliche Übernahme der Stadtkirche könne noch nichts gesagt werden, heißt es dort.

Warten auf den Kardinalsentschluss

Auf die Frage, warum die Erzdiözese den schwerbehinderten Stadtpfarrer nicht bereits vor einigen Jahren aus seiner aufreibenden Funktion befreit habe, ist zu vernehmen: „Grundsätzlich genießen Personen mit Schwerbehinderung im Dienst- und Arbeitsrecht besonderen Schutz und Fürsorge. Dem wird vonseiten der Erzdiözese selbstverständlich entsprochen.“

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