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Bayerns früherer Kultus- und Wissenschaftsminister Hans Zehetmair (†86) gestorben

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Von: M. Cihad Kökten

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Hans Zehetmair
Der ehemalige bayerische Kultus- und Wissenschaftsminister Hans Zehetmair. © picture alliance / dpa/Archivbild

17 Jahre war der Erdinger Hans Zehetmair Minister und Vizeministerpräsident in Bayern. Die Sprache war eine seiner größten Leidenschaften. Sein Tod löst in der Staatsregierung tiefe Trauer aus.

München – Im Alter von 86 Jahren ist der ehemalige bayerische Kultus- und Wissenschaftsminister Hans Zehetmair (CSU) gestorben. Das teilte ein CSU-Sprecher am Montag (28. November) auf Anfrage mit. Zuvor hatte unser Partnerportal, der „Merkur.de“, darüber berichtet.

Auch parteipolitische Gegnerz zollten Zehetmair Respekt

Zehetmair galt als einer der profiliertesten Bildungspolitiker in Deutschland. Zwölf Jahre lang fungierte er als Vorsitzender des Rates für deutsche Rechtschreibung, 17 Jahre war er Minister in Bayern: erst Kultus-, dann Wissenschaftsminister. Auch parteipolitische Gegner zollten dem CSU-Politiker Respekt, der 1986 vom damaligen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß erstmals in die bayerische Staatsregierung berufen worden war. Zuvor war Zehetmair von 1978 bis 1986 Landrat des Landkreises Erding.

Für Stoiber war er das „größte Kaliber im Kabinett“

Geboren wurde der Katholik und Vater von drei Kindern 1936 im oberbayerischen Langengeisling bei Erding in der Nähe von München. Zehn Jahre lang war er Lehrer in Freising, ehe er 1974 erstmals in den Landtag einzog. 1986 wurde er Staatsminister für Unterricht und Kultus, 1989 auch für Wissenschaft und Kunst. Beide Ministerien wurden 1990 unter seiner Leitung zusammengelegt. Bayerns ehemaliger Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) nannte seinen Stellvertreter einmal das „größte Kaliber im Kabinett“.

Als erster Landesminister: Vorreiter in Aids-Aufklärung an Schulen

Der Bauern- und Handwerkersohn wurde zum konservativen CSU-Flügel gerechnet. Im Schulbereich machte Zehetmair Bayern bei der Umwelt- und Medienerziehung zu einem Vorreiter. Als erster Landesminister ordnete er zudem eine Aids-Aufklärung an den Schulen an. Insgesamt hatte er 17 Jahre lang Ministerämter inne und war fünf Jahre lang Stellvertreter Stoibers.

Bayerische Staatsregierung in „tiefer Trauer“

„Mit tiefer Trauer habe ich die Nachricht vom Tod von Hans Zehetmair aufgenommen“, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Dieser habe das Bildungsland Bayern nachhaltig geprägt und Pate dafür gestanden, dass Bayern heute weltweit einer der stärksten Wissenschaftsstandorte sei. „Besonders die Einrichtung der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften, die er mit vielen Neugründungen in alle Regionen Bayerns brachte, trägt seine Handschrift. Bayern wird ihm ein ehrendes Andenken bewahren.“

„Hans Zehetmair ist von uns gegangen. Er war DER Kultus- und Wissenschaftsminister schlechthin. Sein Einsatz für den Freistaat #Bayern wirkt über den Tag hinaus. Er wird uns allen fehlen! #RIP“, schrieb Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) im Kurznachrichtendienst Twitter.

Auch Sozialministerin Ulrike Scharf zeigte sich sehr betroffen: „Ich habe Hans Zehetmair viel zu verdanken, er hat mich in die CSU geholt und war über Jahre mein großer Förderer. Er hat unseren Kreisverband Erding über Jahrzehnte erfolgreich aufgebaut und maßgeblich geprägt.“

Zehetmair kämpfte gegen das Kruzifixurteil – Papst war „bestürzt“

1995 sah er sich als Kultusminister mit dem Kruzifixurteil des Bundesverfassungsgerichts konfrontiert: Es erklärte einen Passus des bayerischen Schulgesetzes für grundgesetzwidrig und nichtig, in dem das Anbringen eines Kruzifixes im jedem Volksschul-Klassenzimmer angeordnet wurde. Der Aufruhr im katholisch geprägten Bayern war groß, selbst der spätere Papst Benedikt XVI. äußerte „Bestürzung“.

Auch Zehetmair übte harsche Kritik: Er ließ Möglichkeiten für ein Volksbegehren prüfen, damit die Kreuze auch künftig in den Klassenzimmern ihren Platz haben. Mit seinem Urteil habe das Bundesverfassungsgericht „am Volk vorbei Recht gesprochen“, polterte Zehetmair damals. Die Richter legten „die Axt an das Prinzip des Föderalismus“. Die Staatsregierung konterte mit einem neuen, nun verfassungskonformen Gesetz, mit dem sich an der Realität wenig änderte.

Bildungspolitiker und Herr der Rechtschreibung

Privat zog sich der mehrfache Vater und Großvater oft in sein abgelegenes Ferienhäuschen im Bayerischen Wald zurück – immer mit einem Exemplar seiner Oxford-Klassikerausgabe in der Tasche. Die Sache war ihm nämlich wirklich wichtig: „Eine korrekte Rechtschreibung ist auch symptomatisch für die Gesellschaft“, sagte Hans Zehetmair, der Herr der Rechtschreibung, noch 2018 im Rückblick auf die Rechtschreibreform.

mck/dpa

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